Wenig bekannt, aber weitverbreitet: Das metabolische Syndrom ist eine bedrohliche Kombination aus verschiedenen Risikofaktoren, die zu einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall führen können.
Unser moderner Lebensstil ist geprägt von einem Mangel an Bewegung und Nahrung im Überfluss. Diese Kombination ist die Ursache für zahlreiche Volkskrankheiten, darunter auch das metabolische Syndrom.
Wenn mehrere Risikofaktoren zusammentreffen
Das metabolische Syndrom ist streng genommen keine eigenständige Krankheit, sondern bezeichnet das gemeinsame Auftreten von verschiedenen Krankheitsbildern oder Symptomen. Dazu gehören starkes Übergewicht, Bluthochdruck, Insulinresistenz bis hin zu Typ-2-Diabetes sowie anomale Blutfettwerte. Jeder einzelne dieser Faktoren erhöht das Risiko für Stoffwechsel- und Herzkreislauferkrankungen. Treten mehrere oder sogar alle gemeinsam auf, spitzt sich die Gefahr drastisch zu, weil sich die Krankheiten gegenseitig befeuern. Deshalb spricht man auch vom «gefährlichen Quartett». Die häufigste Folgeerkrankung ist die Atherosklerose, die Verkalkung der Arterien, die wiederum einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall auslösen kann.
Der treibende Faktor des metabolischen Syndroms ist die Insulinresistenz, eine Vorläuferin des Typ-2-Diabetes. Bei einer Insulinresistenz werden die Körperzellen unempfindlich gegenüber Insulin – das heisst, insbesondere die Muskeln, die Leber und das Fettgewebe nehmen weniger Zucker aus dem Blut auf und der Blutzuckerspiegel ist permanent erhöht. Als Gegenreaktion schüttet die Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin aus. Es entsteht ein Teufelskreis, der über lange Zeit unbemerkt bestehen kann. So lange, bis die Bauchspeicheldrüse ermüdet und kein Insulin mehr produziert.
Bauchumfang als wichtiges Indiz
Verursacht wird die Insulinresistenz in erster Linie durch Übergewicht, vor allem im Bauchbereich. Dabei sammelt sich das Fett nicht nur direkt unter der Haut an, sondern auch um die inneren Organe in der Bauchhöhle. Dieses Bauchfett ist besonders stoffwechselaktiv, was bedeutet, dass es Botenstoffe produziert, die verschiedene Prozesse im Körper beeinflussen. Dadurch befeuert es wiederum die anderen Faktoren des metabolischen Syndroms, wie Bluthochdruck, Diabetes und zu hohe Blutfettwerte. Gleichzeitig begünstigt das Bauchfett koronare Herzkrankheiten, chronische Nierenerkrankungen und die Bildung einer Fettleber.
Natürlich ist nicht jede übergewichtige Person vom metabolischen Syndrom betroffen. Der Bauchumfang gibt allerdings – als einziges sichtbares Symptom – einen wichtigen Hinweis darauf. 102 Zentimeter bei Männern und 88 Zentimeter bei Frauen gelten als bedenklich. Wird der Wert überschritten, sollten Blutdruck, Blutzucker und Blutfettwerte bestimmt werden. Wenn dann noch bei zwei dieser Faktoren die Grenzwerte überschritten werden, liegt das metabolische Syndrom vor. In vielen Apotheken können Blutdruck, Blutzucker und Blutfettwerte direkt vor Ort gemessen werden.
Rolle von Bewegung und Ernährung
In den Industrienationen hat die Verbreitung des metabolischen Syndroms in den letzten Jahren massiv zugenommen. Offizielle Zahlen für die Schweiz gibt es keine, aber Schätzungen zufolge leiden etwa 20 Prozent der Bevölkerung am metabolischen Syndrom. In der Altersgruppe ab 50 Jahren sind es sogar 40 Prozent. Wie eingangs erwähnt, ist das metabolische Syndrom in erster Linie die Folge von gesundheitsgefährdenden Bewegungs- und Ernährungsgewohnheiten. Manchmal spielt auch eine genetische Veranlagung eine Rolle. Anhaltender Stress, Rauchen, ein erhöhter Alkoholkonsum sowie die Einnahme bestimmter Medikamente können die Entwicklung zusätzlich begünstigen.
Die beste Prävention ist daher ein gesunder Lebensstil mit einer ausgewogenen Ernährung, sportlichen Aktivitäten und regelmässigen Erholungsphasen. Damit lässt sich Übergewicht vermeiden oder in den Griff bekommen. Der Verzicht aufs Rauchen schont zudem die Gefässe. Da das metabolische Syndrom und die einzelnen Risikofaktoren oft lange keine Beschwerden verursachen, lohnt es sich, regelmässig Blutdruck sowie Blutwerte zu kontrollieren. Das gilt besonders bei einer genetischen Vorbelastung.
Fabienne Pape
Eidg. dipl. Apothekerin und Betriebsleiterin
Warum erhöht sich im Alter das Risiko für eine Erkrankung?
Einerseits verlangsamt sich im Alter der Stoffwechsel. Dadurch wird es schwieriger, das Gewicht zu halten oder gar abzunehmen. Anderseits stellen die Symptome zwar eine permanente Belastung für den Körper dar, werden aber möglicherweise lange nicht bemerkt und erst durch eine Folgeerkrankung entdeckt. Die Verkalkung der Arterien erfolgt zum Beispiel über viele Jahre.
Wie begleiten Sie in der Apotheke Patient*innen, die unter dem metabolischen Syndrom leiden?
Die meisten Patient*innen kommen mit Rezepten für die Behandlung der zugrunde liegenden Krankheiten zu uns. Wir beraten sie vor allem rund um die Einnahme ihrer Medikamente und allfällige Nebenwirkungen. Bei bestimmten Präparaten kann es zu einem Mangel an Mikronährstoffen kommen, dem man mit einer Substituierung entgegenwirken kann.
Wie wird das metabolische Syndrom behandelt und wie sind die Heilungschancen?
Eine Gewichtsreduktion durch eine nachhaltige Umstellung der Ess- und Bewegungsgewohnheiten ist das A und O. Wenn dies nicht ausreicht, insbesondere bei genetischer Veranlagung, werden auch Medikamente zur Behandlung des Übergewichts sowie der anderen Krankheitsbilder wie Diabetes, Bluthochdruck und erhöhte Blutfettwerte verordnet. Gelingt die Gewichtsreduktion, können sich die Werte verbessern und die Medikamente allenfalls reduziert werden.