Schlafstörungen

Ratgeber / Kind & Familie

Schlaf gut

24.08.2020 / von 

Wenn Kinder unter Schlafschwierigkeiten leiden, sind unruhige Nächte und chronischer Schlafmangel für viele Eltern Alltag. Die Schlafberaterin Susanna Fischer erklärt, wie Eltern ihren Kindern beim Ein- und Durchschlafen helfen können.

Dass Kinder durchschlafen, ist keine Selbstverständlichkeit. Schwierigkeiten beim Einschlafen sowie nächtliches Aufwachen treten oft bis ins Schulalter auf und bringen Eltern an ihre Grenzen. Ein klarer Rhythmus, Ruhepausen und das Fördern der Selbstständigkeit können bereits für ruhigere Nächte sorgen – für die ganze Familie.

Susanna Fischer
Selbstständiges Einschlafen ist der Schlüssel zum Durchschlafen.

Susanna Fischer

Schlafberaterin

Frau Fischer, bei Babys und Kleinkindern ist Schlaf ein Dauerthema. Gibt es in diesem Alter schon normales Schlafen?

Ich finde den Begriff «normal» schwierig. Ausschlaggebend ist das subjektive Belastungserleben der Eltern und das ist sehr individuell. Babys bringen die Fähigkeit, zu schlafen oder sich zu regulieren, nicht per se mit. Sie entwickeln diese mit ihren Eltern. Bei den einen geht das einfacher, bei den anderen braucht es etwas mehr.

Gibt es trotzdem Richtwerte für Babys, Kleinkinder und Kinder für die Zubettgehzeit und die Schlafmenge?

Die Zubettgehzeit ist ein familieninternes Thema und individuell. Bezüglich der Schlafmenge kann man sagen: Ein Kind, das genug schläft, ist zufrieden, kann sich konzentrieren und zeigt, wann es fit und wann es müde ist. Typische Zeichen für zu wenig Schlaf sind, wenn ein Kind dauernd quengelig ist, kurz nach dem Aufwachen schon wieder müde wird oder sich nicht ins Spiel vertiefen kann. Kinder, die tagsüber zu viel schlafen, haben Mühe, abends einzuschlafen, wachen nachts auf, sind munter und können nicht mehr einschlafen.

Welche Arten von Schlafstörungen gibt es?

Organische Schlafstörungen, wie ein Reflux bei Säuglingen oder Schlafapnoe bei Kindern, sind sehr selten. Darum spreche ich von Schlafschwierigkeiten und nicht von Schlafstörungen. Dabei unterscheide ich Einschlaf- und Durchschlafschwierigkeiten.

Wie zeigen sich diese?

Zum Beispiel wenn ein Kind Mühe mit dem Schlaf-wach-Rhythmus hat, es immer zu Widerstand beim Einschlafen kommt oder es nachts häufig aufwacht. Zusätzlich können Bewegungsstörungen das Einschlafen erschweren, etwa wenn Kinder den Kopf hin und her werfen oder zappeln. Weiter gibt es den Nachtschreck, bei dem Kinder aus dem Tiefschlaf aufschrecken. Sie werden nicht richtig wach, schreien und lassen sich kaum beruhigen. Nach wenigen Minuten ist der Spuk vorbei.

Wie häufig sind diese Schwierigkeiten?

Sehr häufig. Der Nachtschreck tritt im Alter zwischen 18 Monaten und 6 Jahren auf. Die Einund Durchschlafprobleme sind Hürden, welche die einen Kinder in ihrer Entwicklung nehmen müssen und andere nicht. Säuglinge, Kleinkinder, Kinder und schliesslich auch Jugendliche können davon betroffen sein.

Was sind die Ursachen für Schlafschwierigkeiten?

Meist liegen sie im fehlenden Rhythmus. Ein weiterer Faktor sind fehlende Ruhepausen während des Tages. Kinder brauchen ruhige Phasen, in denen sie nicht schlafen, aber entspannt sind. Wenn sie dies tagsüber erreichen, beispielsweise durch ein konzentriertes Spiel, fällt es ihnen leichter, abends einzuschlafen und nachts länger im Tiefschlaf zu bleiben.

Welchen Einfluss hat der Medienkonsum auf das Schlafverhalten?

Vor dem Schlafen sollte man Fernsehen oder digitale Spiele vermeiden. Der helle Bildschirm und die vielen Reize sind fürs Schlafen nicht förderlich – vor allem, weil dem Kind zu wenig Zeit bleibt, das Gesehene zu verarbeiten. Das wiederum führt zu mehr schlechten Träumen und Unruhe.

Was können Eltern tun, um Kindern beim Schlafen zu helfen?

Es braucht eine Rhythmisierung der Essens- und Schlafenszeiten sowie Rituale. Wichtig ist, dass Eltern die Signale korrekt interpretieren und dann den Takt vorgeben. Das Kind muss sich an ihnen orientieren und nicht umgekehrt. Zentral ist auch, dass die Aktivitäten des Kindes nicht mehr in der Nacht stattfinden – auch in Bezug auf das Essen. Weiter muss ein Kind die Kompetenz entwickeln können, selbstständig einzuschlafen. Solange Eltern dabei die ganze Arbeit machen, übernimmt das Kind keine Eigenaktivität. Selbstständiges Einschlafen ist der Schlüssel zum Durchschlafen.

Welche Mittel können zusätzlich helfen?

Pflanzliche und homöopathische Mittel können unterstützen. Gute Erfahrungen mache ich mit Alphaklängen, einer Art Entspannungsmusik. Weiter empfehle ich, gerade unruhigen Kindern, Halt zu geben, beispielsweise indem man ein dünnes Tuch straff im Bett spannt. Wichtig ist, dass das Kind nicht zu heiss hat. Eine weitere Möglichkeit sind Gewichtsdecken, deren sanfter Druck entspannt.

Und wann braucht es professionelle Hilfe?

Die meisten Eltern halten viel aus und sollten sich eher Hilfe holen. Man kann Kinder früh in ihrer Schlafentwicklung unterstützen Es braucht dazu die innere Bereitschaft, etwas ändern zu wollen, und einen Plan, der mit Hilfe einer Fachperson erstellt wird.

Zur Person

Susanna Fischer (57) ist unter anderem Sozialpädagogin und Erwachsenenbildnerin sowie Fachberaterin EEH für Prävention und Intervention bei familiären Krisen sowie Mutter von zwei erwachsenen Kindern. In der Familienpraxis Stadelhofen in Zürich bietet sie Schlaf-, Schrei- und Erziehungsberatungen für Säuglinge, Kleinkinder und Kinder an. Gemeinsam mit den Eltern entwickelt sie dabei individuelle Lösungs-ansätze. Weitere Informationen unter www.familienpraxis-stadelhofen.ch