Schon mit wenig, aber regelmässigem Training lässt sich viel für die Gesundheit tun. Wer Bewegung in seinen Alltag integriert, hat eindeutig mehr vom Leben und beugt gleichzeitig Krankheiten vor.
Jüngste Funde in Süddeutschland lassen vermuten, dass der Vorfahr von Mensch und Menschenaffe gar schon vor 12 Millionen Jahren anfing, auf zwei Beinen zu gehen. Klar ist: Der Mensch war schon immer ein Bewegungstier. Zuerst liefen die Vormenschen auf vier Beinen. Später – beim Klettern auf Bäumen – konnten einige schon auf zwei Beinen stehen. Schliesslich hat sich der Mensch entwickelt, der auf zwei Beinen geht. Der aufrechte Gang hat viele Vorteile gebracht, denn dadurch wurden die Hände nicht mehr zur Fortbewegung gebraucht.
Und wofür brauchen wir unsere Hände heute? Viele Stunden am Tag halten wir damit unser Handy und scrollen dessen Display nach Nachrichten ab, wenn wir nicht gerade am PC arbeiten ... Dass nicht nur der aufrechte Gang, sondern unser gesamtes Wohlbefinden darunter leidet, liegt auf der Hand.
Die Kraft der Muskeln
Skelettsystem und Muskulatur werden als Bewegungsapparat bezeichnet. Knochen und Gelenke bilden das passive Bewegungssystem, während die quergestreiften Muskeln der aktive Teil des Systems sind. Rund 200 Einzelknochen unterschiedlicher Form und Struktur zählt das Skelett eines Erwachsenen. Es bildet die härteste Form unseres Stützgewebes. Die Gelenke, knorpelige und/oder knöcherne Verbindungen zwischen den Knochen, ermöglichen Bewegungen und übertragen Kräfte. Es gibt z.B. Kugel-, Scharnier- oder Sattelgelenke, die ganz bestimmte Drehungen, Beugungen oder Streckungen erlauben. Hunderte einzelne Muskeln sind für die Krafterzeugung zuständig, die auf die Sehnen und schliesslich auf die Knochen und Gelenke übertragen wird. Aus faserigem Bindegewebe bestehende Verbindungen zwischen den Knochen heissen Bänder. Wichtige Bänder am Bewegungssystem finden sich etwa zwischen den Knochen am Knie, am Fuss oder an der Hand. Um die Reibung, den Druck und den Kraftaufwand bei der Muskelarbeit zu minimieren, stehen den Muskeln und Sehnen verschiedene «Hilfseinrichtungen» zur Verfügung: Muskelfaszien, Sehnenscheiden, Schleimbeutel (z.B. zwischen Schlüsselbein und Schulter) und Sesambeine (z.B. die Kniescheibe).
Problemzone Nr. 1: Der Rücken
Es ist keine Überraschung, dass Rückenschmerzen zu den häufigsten Beschwerden überhaupt zählen. Oft sind wir sogar selbst daran schuld. Dann nämlich, wenn wir längere Zeit am Laptop oder vor dem Fernseher sitzen oder oft und lange Auto fahren. Nimmt der Rücken länger eine starre Haltung ein, verspannen sich die Muskeln. Auch Stress erhöht die muskuläre Dauerspannung, die im Nacken oder an den Schultern schmerzhaft spürbar wird. Waren wir vor dem Joggen oder dem Grümpelturnier lange inaktiv, haben uns womöglich vor dem Laufen oder dem Spiel nicht aufgewärmt oder haben wir es mit dem Lauftempo schlicht übertrieben, zahlt es der Körper heim – nicht selten in Form eines Muskelkaters.
Kleiner Aufwand, grosse Wirkung
- Wenn immer möglich: Treppen steigen statt Lift oder Rolltreppe fahren.
- Einkäufe oder andere Dinge zu Fuss oder mit dem Velo erledigen.
- Telefongespräche im Stehen oder Gehen führen.
- Beim Warten: mit leicht gebeugten Knien den Oberkörper abwechselnd nach links und rechts drehen. Langsam und kontrolliert ausführen.
- Balancieren auf einem Bein (z.B. während des Zähneputzens, mind. 30 Sekunden lang).
- Bewusst tief einatmen, das stärkt die Atemmuskulatur.
- Superman-Pose: in Bauchlage Beine und Arme anheben, kurz halten, langsam absenken. Gut für den unteren Rücken.
- Seitstütz (Side Plank): seitlich liegend, Körper auf Unterarm und Füssen abstützen, 20 Sekunden halten, dann Seite wechseln. Stärkt die seitliche Rumpfmuskulatur.
- Unterarmstütz (Plank): Körper auf beiden Unterarmen und Füssen abstützen, anfangs 20 Sekunden lang gerade halten. Danach steigern.
Das Kreuz mit dem Kreuz
Das Kreuz, also der untere Rückenbereich, ist besonders anfällig für Schmerzen. Den gefürchteten «Hexenschuss», ein plötzlicher stechender Schmerz im Lendenwirbelbereich, haben viele Erwachsene schon mal erlebt. Ursachen dafür liegen oft in einer unkontrollierten Bewegung oder Fehlbelastung beim Heben von Gegenständen. Noch schnell die letzte volle Einkaufstüte oder den Harass Mineralwasser ins Auto laden … autsch! Meist lässt ein «harmloser» Hexenschuss nach ein paar Tagen von selbst nach. Zur Linderung tragen unter anderem wärmende Salben bei, die direkt auf die betroffene Stelle aufgetragen und sanft einmassiert werden. Bei akutem Hexenschuss kann es helfen, sich für gut 20 Minuten auf den Rücken zu legen und die Unterschenkel auf einem Stuhl oder Sessel zu lagern. Die Beine sollten bei diesem «Astronautensitz» einen 90-Grad-Winkel einnehmen.
Der Zahn der Zeit
Die Bandscheiben liegen zwischen den Wirbeln und wirken wie Stossdämpfer. Sie ermöglichen eine Bewegung der Wirbelsäule und schützen diese vor Erschütterungen. Abnutzungserscheinungen sowie falsche oder übermässige Belastung können zu Beschädigungen an den Bandscheiben führen. Dann nimmt die Elastizität der Bandscheiben ab und gallertartiges Gewebe tritt aus, wodurch Nerven zusammengepresst werden können – in der Folge kann es zu Rückenschmerzen, Schmerzen, die in Beine und/oder Arme ausstrahlen, Taubheitsgefühlen, Kribbeln, Muskelschwächen und in schweren Fällen sogar Lähmungen kommen. Zur Vorbeugung empfiehlt es sich, den Rücken mit kräftigenden Übungen zu stärken und auf eine schonende Hebetechnik zu achten. Auch die Knie sind nicht vor Alterserscheinungen geschützt. Gelenkverschleiss (Arthrose) ist bei vielen Menschen ab der Lebensmitte spürbar, selbst bei weniger belastenden Tätigkeiten. Gelenkschonende Aktivitäten wie Schwimmen oder Radfahren sorgen dafür, dass man sich schmerzfreier bewegt und gleichzeitig etwas für den Kreislauf tut.
«Wer rastet, der rostet …»
Wer nichts tut, tut nichts für seine Gesundheit. Und das trifft für den Bewegungsapparat in besonderem Masse zu. Bewegungsmangel kann zu abnehmender Lebensqualität führen und die Entstehung anderer Krankheiten begünstigen.
Sie sitzen beruflich viel? Dann stehen Sie auf, planen Sie Gehpausen ein, beschaffen Sie sich einen höhenverstellbaren Arbeitstisch und wechseln Sie mehrmals täglich zwischen Sitzen und Stehen ab. Bewegen Sie sich auch vor oder nach der Arbeit. Schon 5000 Schritte zweimal die Woche, in Form eines Spaziergangs, wirken Wunder. Die Durchblutung kommt beim Spazieren in Schwung, der Blutdruck normalisiert sich. An der frischen Luft achten wir bewusst auf tiefes Einatmen, wodurch mehr Sauerstoff ins Blut und in alle Körperzellen gelangt. Wichtig dabei: Planen Sie den Spaziergang bewusst ein, bei jedem Wetter! Wer Sport treibt, tut gut daran, Aufwärm- und Dehnungsübungen einzubauen, das Tempo der Kondition und dem Gelände anzupassen und für optimales Schuhwerk zu sorgen.

Daniela Stoffel
Apothekerin und Co-Betriebsleiterin
Bei welchen Beschwerden am Bewegungsapparat fragt Ihre Kundschaft um Rat?
Nächtliche Bein- oder Wadenkrämpfe, Nacken- und Rückenschmerzen oder auch Morgensteifigkeit werden am meisten genannt.
Was trägt zur Linderung bei?
Wärmeanwendungen können Schmerzen lindern und wirken entspannend. Bei Muskelkrämpfen hilft das Dehnen des betroffenen Körperteils, manchmal ist auch ein geeignetes Magnesiumpräparat sinnvoll, verbunden mit genügend Flüssigkeitszufuhr (Wasser). Unser Fachpersonal kann zusätzlich auch Naturheilmittel und Nahrungsergänzungsmittel empfehlen.
Wie sieht es mit klassischen Schmerzmitteln aus?
Häufig werden bei Gelenkschmerzen entzündungshemmende Schmerzmittel oder Cremes verlangt. Diese können kurzfristig Schmerzsymptome lindern. Sollte die Wirkung nicht ausreichen oder eine regelmässige Anwendung notwendig sein, ist eine ärztliche Abklärung empfehlenswert. Zur gezielten Vorbeugung und Begleittherapie kann in manchen Fällen eine medizinische Massage, Osteopathie oder Physiotherapie angezeigt sein. Die beste Therapie versuchen wir im Gespräch mit dem Kunden zu finden.
Was gehört in die Hausapotheke?
Kühlkompressen oder Cold-Hot-Packs für akute Sportverletzungen oder Verstauchungen sowie Wärmepflaster sind hilfreich. Auch entzündungshemmende Gels, zum Beispiel mit Wallwurzextrakt. Wohltuende Badezusätze zur Muskelentspannung und Regeneration können ergänzend helfen.
Die beste Vorbeugung gegen Probleme am Bewegungsapparat?
Neben regelmässiger Bewegung trägt auch eine gesunde Ernährung mit viel Gemüse und Früchten zur Vorbeugung bei. Kalzium- und Vitamin-D-reiche
Nahrungsmittel unterstützen die Knochen- und Gelenkgesundheit. Ein gesundes Körpergewicht senkt die Belastung der Gelenke und das Verletzungsrisiko.