Nervensystem

Ratgeber / Gesundheit

Wenn das Nervensystem überlastet ist

24.09.2025 / von 

Unser Nervensystem steuert Körper und Psyche – und es reagiert sensibel auf Stress. Gerät es aus dem Gleichgewicht, spüren wir das schnell. Doch den Warnsignalen wird häufig zu wenig Beachtung geschenkt.

Wer kennt ihn nicht: den Moment, in dem sich Panik ausbreitet, wenn man einen wichtigen Termin vergessen hat, das Smartphone plötzlich unauffindbar ist oder die Haustür zufällt und der Schlüssel innen liegt? Das Herz schlägt schneller, der Atem rast, Adrenalin wird ausgeschüttet, man ist in Alarmbereitschaft. Obwohl der Moment kurz ist, hallt das Gefühl der Anspannung noch lange nach. In solchen Stresssituationen durchläuft der Körper eine Kampf-oder-Flucht-Reaktion, die schon in prähistorischer Zeit das Überleben sicherte. Dieselben Mechanismen greifen noch heute in Alarmsituationen und ermöglichen eine rasche Reaktion auf Gefahren. Dafür sorgt unser Nervensystem.

Die Schaltzentrale des Körpers

Das Nervensystem ist ein eindrückliches Kommunikationsnetzwerk, das permanent arbeitet und uns am Leben hält. Es setzt sich aus zwei Teilen zusammen: dem zentralen Nervensystem, bestehend aus Gehirn und Rückenmark, und dem peripheren Nervensystem, das alle Nervenzellen umfasst, die den Körper durchziehen und wie feine Leitungen zu jedem Organ, jedem Muskel und jeder Hautstelle führen. Das Gehirn fungiert dabei als Kommandozentrale, die alle eingehenden Informationen verarbeitet und Befehle an den Körper weiterleitet. Das Rückenmark kann man sich als Datenautobahn vorstellen, über welche die Signale zwischen Gehirn und den einzelnen Nervenzellen hin- und herrasen. Innerhalb des peripheren Systems wirken zudem Sympathikus und Parasympathikus als Team: Der Sympathikus aktiviert uns in Stresssituationen, während der Parasympathikus für Erholung und Entspannung sorgt.

Die eigentliche Kommunikation übernehmen die Neuronen: spezialisierte Zellen, die elektrische Impulse blitzschnell weiterleiten. Dass die Botschaften ihr Ziel genau erreichen, dafür sorgen chemische Botenstoffe: die Neurotransmitter. Sie funktionieren wie Ampeln, die den Informationsfluss regulieren: Manchmal fördern sie die Signalübertragung, manchmal bremsen sie sie ab, um eine Überreizung zu verhindern. Dieses ausgeklügelte System steuert alle unsere Körperfunktionen: vom unbewussten Herzschlag und der Atmung über unsere Bewegungen bis hin zu komplexen Gedanken und Emotionen.

Warum ist das Nervensystem häufig gestresst?

Statt Säbelzahntiger und Mammut halten uns heute chronischer Arbeitsstress, Dauererreichbarkeit, Informationsflut, das Weltgeschehen und das Jonglieren von Job, Familie, Privat- und Freizeitleben auf Trab. Das Lebenstempo wie auch die Reizüberflutung nehmen stetig zu. Externe und interne Erwartungen steigen. Auch ohne akute Lebensgefahr werden so körperliche Notfallreaktionen ausgelöst. Unser Nervensystem unterscheidet dabei nicht zwischen einem Angreifer und einem vollen E-Mail-Postfach. Es reagiert auf beide Situationen mit denselben Stressfaktoren. Hält die Belastung längerfristig an oder fehlen die notwendigen Erholungsphasen, gerät das Nervensystem in einen Daueralarmzustand. Kommen Schlafmangel, eine unausgewogene Ernährung und Bewegungsmangel hinzu, schwächt das zusätzlich die dringend benötigte Regenerationszeit und die körperlichen Grundlagen für ein funktionierendes Nervensystem.

Warnsignale erkennen

Über das Nervensystem beeinflusst die Psyche unbemerkt zahlreiche Stoffwechselprozesse. Ist das Nervensystem überlastet und der Stoffwechsel gerät aus dem Lot, äussert sich das erst subtil: Betroffene fühlen sich innerlich unruhig, gereizt und ständig angespannt. Abschalten wird unmöglich, Konzentrationsprobleme und Antriebslosigkeit schleichen sich langsam ein. Ignoriert man diese Signale, kommen körperliche Symptome dazu: Kopfschmerzen, Muskelverspannungen – besonders im Nacken- und Schulterbereich, Schlafstörungen oder sogar Herz-Kreislauf-Beschwerden. Auch Verdauungsprobleme sind häufig, da das Nervensystem auch die Darmfunktion steuert. Langfristig können sich schliesslich Erkrankungen wie Burn-out oder Depression entwickeln. Beschwerden, die durch Stress und Überlastung entstehen, werden oft auf die leichte Schulter genommen und nur symptomatisch behandelt. Ein grosser Fehler, denn eine frühzeitige Unterstützung des Nervensystems ist entscheidend.

Bewusst abschalten

Erfreulicherweise ist das Nervensystem anpassungs- und regenerationsfähig – sofern man ihm gezielt dabei hilft. Regelmässig und bewusst eingebaute Pausen im Alltag sind ausschlaggebend, um einer Überlastung vorzubeugen. Doch wie kommt man zur Ruhe, wenn man das schnelle Lebenstempo gewohnt ist? «Digital Detox», also das bewusste Weglegen oder Ausschalten von Handy und Computer für eine gewisse Zeit, kann schon spürbare Erleichterung bringen und dabei helfen, kreisende Gedanken zu bremsen und das Gehirn von ständiger Erreichbarkeit und Informationsflut zu entlasten.

Dann heisst es: raus an die frische Luft und sich bewegen – diese Kombination wirkt sehr entspannend auf das Nervensystem. Ein halbstündiger Spaziergang baut bereits Stresshormone ab und verbessert die Durchblutung von Körper und Gehirn. Regelmässiger, moderater Sport stärkt zudem die Ausdauer und Widerstandskraft. Generell gilt: Ein gesunder Lebenswandel macht Körper und Geist belastbarer. Zentral dabei ist gesunder Schlaf. Eine gute Schlafhygiene mit festen Schlafzeiten, ein ruhiges und dunkles Schlafzimmer ohne Ablenkungen und der Verzicht von Medienkonsum jeglicher Art vor dem Zubettgehen helfen dem Nervensystem, zur Ruhe zu kommen und zu regenerieren.

Nervenstark mit Ernährung und Achtsamkeit

Du bist, was du isst – die Redewendung greift auch hier: Eine ausgewogene und nährstoffreiche Ernährung mit viel Gemüse, Obst und Vollkornprodukten liefert wichtige Bausteine für gesunde Neurotransmitter und unterstützt das Nervensystem optimal. Besonders B-Vitamine, Omega-3-Fettsäuren und Magnesium sind wichtig für die Nervenfunktion und damit auch die Stressresilienz. Reduziert man dann noch den Koffein- und Alkoholkonsum, wird das Nervensystem zusätzlich entlastet.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die aktive Stressbewältigung. Meditation, Yoga, autogenes Training oder progressive Muskelentspannung können effektiv dabei helfen, die eigene Reaktion auf Stressoren zu verändern und innere Balance zu finden. Diese Methoden trainieren das Nervensystem darin, auch in belastenden Situationen ruhig und gelassen zu bleiben. Achtsamkeit und Selbstfürsorge sind somit der Schlüssel, um langfristig ein gesundes und starkes Nervensystem zu bewahren. Gerne beraten Sie unsere Fachpersonen kompetent und individuell zu diesem wichtigen Thema.

Urs Wyss
Bei Einschlafproblemen empfehle ich Tees mit Melisse, Lavendel oder Passionsblume.

Urs Wyss

Eidg. dipl. Drogist und Geschäftsinhaber

Was sind Ihre Tipps gegen ein überlastetes Nervensystem?

Der Ausgleich steht an erster Stelle: Bewegung, soziale Kontakte und Hobbys. Es ist wichtig, kleine Erholungsinseln zu schaffen, etwa bei einem guten Essen oder beim Lesen. Auch rate ich dazu, Nachrichten und soziale Medien in geringen Massen zu konsumieren. Das Weltgeschehen und Vergleiche erzeugen viel Stress, gerade bei jungen Menschen. Eine ausgewogene Ernährung ist ebenfalls zentral, da sie die Verdauung sowie das Nervensystem positiv beeinflusst.

Welche Heilpflanzen helfen bei innerer Unruhe und Stress?

Bei Schul- oder Arbeitsstress hat sich die Rosenwurz bewährt. Sie wirkt beruhigend und ausgleichend. Weissdorn empfehle ich bei Herzklopfen und Druckgefühlen in der Brust, weil er das Herz beruhigt und stärkt. Bei Erschöpfung hilft die stärkende und energiespendende Taigawurzel, auch Sibirischer Ginseng genannt. Zusätzlich rate ich zu Probiotika, um die Darmflora und damit die gesamte Stressresistenz zu unterstützen. Bei der Beratung ist es mir wichtig, genau zu verstehen, woher die Beschwerden stammen und wie sie sich äussern, um individuell und gezielt zu helfen.

Welche Darreichungsformen empfehlen Sie?

Spagyriksprays sind ideal: Sie sind einfach anzuwenden und werden über die Mundschleimhaut aufgenommen. Alternativ eignen sich Tropfen, Tinkturen oder Tabletten. Bei Einschlafproblemen empfehle ich Tees mit Melisse, Lavendel oder Passionsblume.