Die Erkältung gilt als die häufigste Infektionskrankheit der Welt. Ebenso häufig – und hartnäckig – halten sich dazu viele Mythen. Welche stimmen und welche nicht? Wir klären auf.
Lukas Zogg-Diem
Dipl. Drogist HF und Drogerie-Inhaber
Eine Erkältung bekommt man dann, wenn einem zu kalt ist.
Falsch. Eine Erkältung ist eine Infektionskrankheit, die stets durch Viren, oftmals Rhinoviren, ausgelöst wird. Ohne sie kann sich keine Erkältung entwickeln. Richtig ist, dass kalte Luft die Durchblutung der Schleimhäute reduziert. «Dadurch sind wir anfälliger, weil eine trockene Schleimhaut als erste Barriere unseres Körpers für Krankheitserreger nicht die gleich gute Abwehrfunktion darstellt», erklärt Lukas Zogg-Diem, dipl. Drogist HF. In schlecht durchblutetem Gewebe befinden sich weniger Abwehrzellen, ebenfalls geht die Sekretproduktion zurück, was es den Rhinoviren einfacher macht, sich in der Nase festzusetzen. Rhinoviren sind das ganze Jahr über präsent, aber weniger im Sommer, weil sie empfindlich auf UV-Licht und Wärme reagieren.
Vitamin C und Zink beugen einer Erkältung vor.
Richtig. Vitamin C wirkt als Antioxidans und bindet freie Radikale, die entstehen, wenn eine Zelle angegriffen wird. «Vitamin C wird dadurch zu einem Booster fürs Immunsystem», erklärt Lukas Zogg-Diem. Um eine präventive Wirkung zu erzielen, muss Vitamin C täglich in einer Dosis von 500 mg zugeführt werden. Vitamin C ist wasserlöslich, daher sind Produkte empfehlenswert, die das Vitamin retardierend (verzögert) an den Körper abgeben. Auch mit Zink lässt sich einer Erkältung vorbeugen. Zink ist beteiligt am Aufbau der Abwehrzellen und hilft so, das Immunsystem zu stärken. «Sowohl Zink wie auch Vitamin C können ebenfalls während einer Erkältung eingenommen werden», so Lukas Zogg-Diem. Als Lutschtablette beginnt Zink seine Wirkung bereits direkt auf den Schleimhäuten zu entfalten.
Sport während einer Erkältung schadet dem Körper nicht.
Falsch. Während einer Infektion braucht der Körper vor allem Ruhe und Zeit, um sich zu erholen. «Die Körperzellen müssen sich regenerieren», so Lukas Zogg-Diem. «Bei leichten Symptomen können moderate Bewegung und Spazieren an der frischen Luft helfen.» Bei Fieber kann Sport sogar gefährlich sein, weil er das Risiko einer Herzmuskelentzündung erhöht. Erst wenn die Symptome vollständig abgeklungen sind, sollte langsam das Trainingsprogramm wieder aufgenommen werden. «Im Winter sollte man gut auf die Umgebungstemperatur achten», ergänzt der Experte. «Bei Minustemperaturen droht die Gefahr einer Lungenschädigung.»
Aus einer Erkältung kann leicht eine Grippe werden.
Falsch. Eine Erkältung wird in den meisten Fällen durch Rhinoviren ausgelöst, eine Grippe hingegen immer durch Influenzaviren. «Es ist aber möglich, dass ein von der Erkältung geschwächtes Immunsystem anfälliger ist und Influenzaviren deshalb ein umso leichteres Spiel haben», hält Lukas Zogg-Diem fest. Wird eine Erkältung nicht richtig auskuriert, besteht auch die Gefahr einer zusätzlichen bakteriellen Infektion. Der Schleim, der eigentlich zur Immunabwehr gehört und der nicht gelöst und abgehustet wird, bildet dann einen idealen Nährboden für Bakterien. Dadurch kann sich eine Entzündung der Stirn- und Nasennebenhöhlen oder gar eine Lungenentzündung entwickeln.
Ständiges «Nasehochziehen» ist ungesund.
Richtig. Beim Hochziehen des Schleims in die Nase sammelt sich mehr Schleim an, der vom Körper abgeführt wird. «Am besten ist es, mit leichtem Druck zu schnäuzen», erklärt Lukas Zogg-Diem. Ist die Nase verstopft, liegt das übrigens nicht an der Menge des Schleims, sondern daran, dass die Schleimhäute geschwollen sind. Mehr Druck beim Schnäuzen hilft deshalb nicht.
Die vorgehaltene Hand beim Husten oder Niesen schützt vor Weiterverbreitung der Erkältung.
Falsch. «Am besten niest man in den Ellenbogen», erklärt Lukas Zogg-Diem. Dadurch werden weniger Viren in die Luft geschleudert und auch die Hände bleiben sauber. Weitere Hygienemassnahmen sind Händewaschen und Abstandhalten. Wer krank ist, sollte wenn möglich zu Hause bleiben.
Fieber muss so schnell wie möglich gesenkt werden.
Falsch. Fieber ist ein Zeichen einer funktionierenden Immunabwehr. Die erhöhte Körpertemperatur tötet Viren und Bakterien ab. «Hierzu reicht schon der Anstieg der Körpertemperatur um ein Grad Celsius», erklärt Lukas Zogg-Diem. Die Proteine der Erreger verändern sich und diese sterben dadurch ab. Liegt das Fieber zwischen 38,5 und 39,5 Grad Celsius, bedeutet das für einen gesunden Erwachsenen keinen Grund zur Besorgnis. Bei Risikogruppen, älteren Menschen, Kleinkindern sowie Fieber über 40 Grad Celsius ist Vorsicht geboten. Hier sollte das Vorgehen gegebenenfalls mit einer Ärztin oder mit einem Arzt abgesprochen werden.
Antibiotika helfen gegen Erkältungen.
Falsch. Antibiotika bekämpfen Bakterien und keine Viren. Deshalb sind sie bei einer Erkältung, die durch Viren ausgelöst wird, wirkungslos. Aber: Zu einer Erkältung kann durch das geschwächte Immunsystem eine zweite Infektion dazukommen, zum Beispiel eine Nasennebenhöhlen- oder gar eine Lungenentzündung. Diese Krankheiten werden durch Bakterien verursacht. Hier kann eine Behandlung mit Antibiotika sinnvoll sein. «Deshalb ist es wichtig, sich gut zu erholen, damit die Erkältung keine Folgebeschwerden mit sich bringt», erklärt Lukas Zogg-Diem. Antibiotika sollten mit Bedacht eingesetzt werden, da die Gefahr einer Resistenzbildung droht. Sie werden im Bedarfsfall von einer Ärztin oder einem Arzt verschrieben. In gewissen akuten Situationen können sie – nach sorgfältiger Abklärung und Dokumentation – auch von Apotheker*innen notfallmässig abgegeben werden.
Saunieren fördert den Heilungsprozess.
Richtig und Falsch. Ein Saunagang fördert die Durchblutung und sorgt dafür, dass die Abwehrzellen besser zu den infizierten Stellen gelangen. «Bei einer mild verlaufenden Erkältung kann eine Sauna die Heilung unterstützen», bestätigt Lukas Zogg-Diem. «Auf keinen Fall aber bei Fieber – und im Zweifelsfall rate ich auch eher davon ab, denn jeder Saunagang ist eine Belastung für den Kreislauf.» Bei Fieber ist der Körper schon genug beschäftigt mit der Bekämpfung der Viren. Zudem sollten wegen der Ansteckungsgefahr keine öffentlichen Saunen benutzt werden. Tipp: Inhalationen mit ätherischen Ölen verwenden, sie können helfen, die Atemwege zu befreien.
Vorbeugung
- Bewegung an frischer Luft: Regelmässige Bewegung hält den Körper fit und die frische Luft ist weniger viral belastet als Luft in Innenräumen mit vielen Menschen.
- Ausgewogene Ernährung: Der Darm spielt eine zentrale Rolle für die Immunabwehr. Frische Zutaten und eine abwechslungsreiche Küche mit saisonalen Früchten und Gemüse tragen zum Erhalt einer gesunden Darmflora bei.
- Schleimhäute feucht halten: Die Schleimhäute bilden eine wichtige Schutzbarriere, indem sie Viren und Bakterien abfangen. Empfehlenswert sind befeuchtende Nasenduschen oder -sprays mit Meersalzlösung sowie befeuchtende Produkte wie beispielsweise Lutschtabletten für den Mund- und Rachenraum.
- Strikte Hygienemassnahmen: Regelmässiges Händewaschen, in den Ellenbogen niesen und eine Maske dort tragen, wo viele Menschen zusammenkommen, hilft effektiv, eine Ansteckung zu verhindern. Reinigen Sie viel benutzte Oberflächen wie Türfallen, Handyscreens und Tastaturen regelmässig.