In einer Tasse Tee steckt nicht nur Genuss, sondern auch Naturmedizin. Welche Sorte trinkt man am besten morgens, nach dem Mittagessen oder vor dem Zubettgehen?
Winterzeit ist Teezeit! Das Heissgetränk ist hierzulande sehr beliebt – wie auch eine Studie des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit aus dem Jahr 2015 beweist: Die Schweizer Bevölkerung konsumiert im Durchschnitt 2,9 Deziliter Tee pro Kopf und Tag – das macht Tee zum Lieblingsgetränk Nummer 2 nach Wasser (1,2 Liter pro Tag) und noch vor Kaffee (2,6 Deziliter pro Tag).
Die meisten schätzen Tee, weil er ein gesunder, aromatischer Durstlöscher ist und für einen Wohlfühleffekt sorgt. Letzterer beginnt bereits mit der Zubereitung, die einem Ritual gleicht und verschiedene Sinne anspricht. Mit Abstand am häufigsten kommt der Aufguss zum Einsatz, bei dem man Blüten, Blätter oder fein zerkleinerte Rinden und Wurzeln mit kochendem Wasser übergiesst und je nach Pflanze für 3 bis 15 Minuten zugedeckt ziehen lässt. So entfalten sich die wasserlöslichen Inhaltsstoffe am besten. Grössere Wurzel- oder Rindenstücke dagegen werden mit kaltem Wasser angesetzt und bis zum Sieden erhitzt. Man lässt den Tee dann etwa 10 Minuten zugedeckt kochen und seiht ihn nach kurzem Stehen ab.
Tee ist aber nicht nur ein Genuss-, sondern auch ein Heilmittel, das seit Jahrtausenden in der Naturmedizin für verschiedene Zwecke eingesetzt wird. Und genau diese unterschiedlichen Wirkstoffe sind es, die ein Kraut für einen bestimmten Tageszeitpunkt mehr oder weniger geeignet machen.
Muntermacher am Morgen
Zum Munterwerden ist besonders Schwarztee sehr beliebt. Dank dem enthaltenen Koffein stimuliert er den Herz- und Lungenkreislauf. Dies gilt ebenso für den koffeinhaltigen Grüntee, einen weiteren ausgezeichneten Begleiter für den Morgen. Der Tee stärkt zudem den Stoffwechsel. Bei beiden Sorten übergiesst man etwa einen Teelöffel voll Kraut mit rund 70 Grad heissem Wasser, um die empfindlichen Inhaltsstoffe zu schonen, und lässt es für 2 bis 3 Minuten zugedeckt ziehen.
Energieschub am Nachmittag
Im Lauf des Nachmittags kommt es oftmals zu einem kleinen Energietief. Mate-Blätter enthalten Koffein, kurbeln den Kreislauf an und können so Ermüdungserscheinungen lindern. Für eine anregende Wirkung und einen feinen, weniger bitter-herben Geschmack lässt man einen gehäuften Teelöffel Mate-Blätter für ungefähr 5 Minuten in heissem Wasser ziehen.
Verdauungshelfer nach dem Mittag
Nach dem Mittagessen ist ein Pfefferminztee eine Wohltat für den Magen. Das enthaltene ätherische Öl wie beispielsweise Menthol beruhigt und fördert die Verdauung. Dazu bereitet man mit einem gehäuften Teelöffel Kraut einen Aufguss zu und lässt ihn für rund 10 Minuten zugedeckt ziehen. Hat man eine besondere Neigung zu Magenschmerzen und Blähungen nach dem Essen, sind auch Fenchelsamen gute Helfer. Sie wirken krampflösend, blähungswidrig und verdauungsfördernd. Bei der Zubereitung dieser Teesorte sollte man die Samen zuerst in einem Mörser zerstossen, damit sich die Inhaltsstoffe gut herauslösen lassen.
Für die Mittagszeit eignen sich auch Bitterstoffpflanzen wie Löwenzahn, Enzian, Wermut oder Tausendgüldenkraut, weil sie quasi doppelt einsetzbar sind: Vor dem Essen eingenommen, kurbeln sie den Appetit an, was zum Beispiel bei älteren Menschen mit reduziertem Hungergefühl sehr hilfreich sein kann. Nach dem Essen wirken sie dagegen verdauungsfördernd und regen die Verdauungssäfte an.
Entspannung vor dem Schlafengehen
Der Klassiker unter den Guten-Abend-Tees ist Lavendel. Nach einem hektischen Tag wirkt er beruhigend, angstlösend, stimmungsaufhellend und schlaffördernd. Hierfür lässt man knapp zwei Teelöffel der violetten Blüten rund 5 bis 10 Minuten in heissem Wasser ziehen. Bei Einschlafstörungen und stressbedingten Beschwerden wie Anspannungen und nervlicher Erregbarkeit ist auch die Passionsblume zu empfehlen, die das Nervensystem beruhigt. Zubereitet wird dieser Tee wie der Lavendel, idealerweise nimmt man davon abends zwei Tassen zu sich.
Unser Tipp: Auch koffeinhaltiger Schwarz- und vor allem Grüntee kann man abends wunderbar trinken. Entscheidend ist die Ziehdauer: Wenn diese zwischen 5 und 10 Minuten beträgt, werden verstärkt Gerbstoffe herausgelöst, die die stimulierende Wirkung des Koffeins verringern. Allerdings eignet sich diese Variante nicht für jede Person. Lassen Sie sich dazu fachkundig in Ihrer Drogerie oder Apotheke beraten.
Die Geschichte des Tees
Einer Legende nach verdanken wir die Entdeckung von Tee einem Zufall: Im Palastgarten des alten Chinas fielen vor rund 5'000 Jahren einige Blätter in einen Topf kochendes Wasser. Der Geruch soll den Kaiser so betört haben, dass er den Sud probierte – ab da war der Siegeszug des Heissgetränks nicht mehr zu stoppen.
Mönche brachten den Tee 1’000 Jahre später nach Japan, wo er sich schnell in der Oberschicht etablierte und zum berühmten Zeremoniell gehörte. Nach Europa gelangte der Tee erst im 17. Jahrhundert über holländische Kaufleute. Populär wurde er aber dank der Engländer. Diese wollten sich vom Grossexporteur China unabhängig machen und errichteten eigene Teeplantagen in den indischen Kolonien.
Manuela Rüttimann
Dipl. Drogistin HF und Betriebsleiterin
Haben Sie einen persönlichen Zubereitungstipp?
Pflanzen wie Lavendel, Fenchel und Pfefferminze, die ätherische Öle enthalten, sollte man zugedeckt ziehen lassen. So verlieren sich nicht die flüchtigen Inhaltsstoffe, die für Wirkung und Geschmack wichtig sind.
Worauf sollte man beim Kauf von Tee achten?
Am besten wählt man biologische und hochwertige Produkte. Das können auch qualitativ gute Teebeutel sein. Ich persönlich habe offenes Teekraut am liebsten.
Welches Zubehör empfehlen Sie?
Am ursprünglichsten ist das Abgiessen durch ein Teesieb. Praktisch sind zudem Tee-Eier oder spezielle Click-Filterbeutel mit Festhalteklammer. Für unterwegs eignen sich auch Thermo-Teeflaschen mit integriertem Filter.
Gibt es besonders beliebte Wintersorten?
Sehr gefragt sind wohltuende und würzige Genusstees mit beispielsweise Zimt, Vanille oder Kardamom. Aber auch immunsystemstärkende Tees wie Holunderblüten, Lindenblüten, Sanddorn oder Hagebutte sind sehr beliebt sowie Mischungen gegen Erkältungsbeschwerden zum Beispiel mit Thymian, Mädesüss oder Malvenblüten.
Womit kann man Tee verfeinern oder die Wirkung unterstützen?
Zum Süssen eignet sich gewöhnlicher Honig oder Manuka-Honig, dem zusätzlich entzündungshemmende und antibakterielle Eigenschaften zugeschrieben werden. Ingwer gibt ein scharf-würziges Aroma, wärmt von innen und aktiviert die Abwehrkräfte.