Männerleiden

Ratgeber / Gesundheit

Das Männerleiden

26.04.2021 / von 

Die gutartige Prostatavergrösserung ist eine der häufigsten Erkrankungen bei Männern. Was dahintersteckt und wie Betroffene damit umgehen können.

Plötzlich ist der Harnstrahl nicht mehr so stark oder es dauert länger, bis er einsetzt. Dazu muss Mann öfter die Toilette aufsuchen, zudem ärgerlicherweise auch mitten in der Nacht. Das sind Erfahrungen, die einige Männer kennen – besonders, wenn sie 50 Jahre oder älter sind. Die beschriebenen Anzeichen können der Grund für eine gutartige Prostatavergrösserung sein, im Fachjargon Benigne Prostatahyperplasie (BPH) genannt. Ein wesentlicher Faktor bei deren Entstehung sind das Alter und die damit verbundenen hormonellen Veränderungen: Rund 40 Prozent der 50-Jährigen sind betroffen, bei den 65-Jährigen sind es etwa 65 Prozent und bei den 80-Jährigen sogar 90 Prozent. Die Vorsteherdrüse – oder eben die Prostata – befindet sich unterhalb der Blase und umgibt die Harnröhre. Normalerweise weist sie die Grösse einer Kastanie auf und wiegt etwa 20 bis 30 Gramm. Bei einer gutartigen Prostatavergrösserung kann sie auf die Grösse einer Orange anschwellen, über 100 Gramm wiegen und so auf die Harnröhre drücken. Je nach Ausmass der Vergrösserung fallen die Symptome (siehe Box) unterschiedlich stark aus.

Frühes Handeln lohnt sich

Sobald sich erste Symptome bemerkbar machen, ist es auf jeden Fall ratsam, einen Arzt zu konsultieren. Einerseits, um auszuschliessen, dass eine ernsthafte Erkrankung hinter den Beschwerden steckt, und andererseits, um abzuklären, ob und welche Behandlung notwendig ist. Abgetastet wird die vergrösserte Prostata vom Urologen über den Enddarm, ihre exakte Grösse lässt sich mittels Ultraschall bestimmen. Zudem werden Blut- und Urinuntersuchungen vorgenommen.

Sind die Symptome sehr schwach und beeinflussen die Lebensqualität nicht negativ, wird der Urologe in der Regel die Strategie «Beobachten und abwarten» wählen. Natürlich wird der Patient dabei regelmässig ärztlich untersucht und beraten. Empfindet der Betroffene die Symptome als sehr störend und fühlt er sich in seiner Lebensqualität beeinträchtigt, kommen meist Medikamente oder auch pflanzliche Heilmittel zum Einsatz. Unter Umständen kann eine Operation der beste Therapieansatz sein. Dabei wird Prostatagewebe teilweise entfernt.

Die meisten Männer kämpfen in ihrem Leben irgendwann mit einer gutartigen Prostatavergrösserung. Dennoch kapseln sich viele Betroffene zunehmend ab – beispielsweise aus Angst vor plötzlichem Urinverlust, aus Scham über die mit der Erkrankung verbundenen Erektionsstörungen oder aufgrund der Müdigkeit, verursacht durch die nächtlichen Toilettengänge, die den Schlaf stören. Zahlreiche betroffene Männer leiden auch an Schlafproblemen, weil sie sich wegen ihrer Krankheit so viele Sorgen machen. Dabei müssen die Symptome weder das private Glück noch Freizeitaktivitäten oder Sozialleben beeinträchtigen. Denn auch wenn eine vollständige Heilung der BPH nicht möglich ist, kann mit einer frühzeitigen Behandlung die Lebensqualität aufrechterhalten werden.

Was jeder selbst tun kann

Zwar ist die gutartige Prostatavergrösserung ein gutes Stück Schicksal, dennoch kann jeder Mann etwas tun, um sein Erkrankungsrisiko zu senken. Präventiv wirken die Vermeidung von Übergewicht, eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst sowie ausreichend Bewegung, während mindestens zwei bis drei Stunden wöchentlich.

Stefan Zinnenlauf
In der Prostata wird das wichtigste Sexualhormon des Mannes, das Testosteron, in seine biologisch aktivste Form umgewandelt.

Dr. med. Stefan Zinnenlauf

Facharzt Allgemeine Innere Medizin FMH

Welchen medizinischen Nutzen hat die Prostata?

Sie produziert ein Drittel der Samenflüssigkeit mitsamt den Energiestoffen, welche die Samenzellen auf ihrem Weg zur Eizelle benötigen. Zudem hilft die Prostataflüssigkeit, das Sperma dünnflüssiger zu machen, was den Spermien die Reise ebenfalls erleichtert. Darüber hinaus wird das wichtigste Sexualhormon des Mannes, das Testosteron, in der Prostata in seine biologisch aktivste Form umgewandelt.

Führt häufiges Radfahren zu Prostataerkrankungen?

Dafür gibt es keine wissenschaftlichen Belege. Allerdings kann Velofahren bei manchen Männern den PSA-Wert erhöhen. Das Prostataspezifische Antigen, kurz PSA genannt, ist ein Eiweiss, das von Prostatazellen gebildet wird und sich im Blut messen lässt. Um keine falschen Werte zu erhalten, frage ich meine Patienten vor dem Bluttest immer, ob sie in den beiden Tagen zuvor biken waren oder Sex hatten. Geschlechtsverkehr lässt den PSA-Wert ebenfalls ansteigen. Im Zweifelsfall wiederhole ich den Test oder bitte den Patienten, zwei Tage vor dem Test nicht Velo zu fahren.

Trifft es zu, dass häufiger Sex die Prostata fit hält?

Es gibt keine wissenschaftlichen Daten, dass häufiger Sex beziehungsweise häufiger Samenerguss das Risiko für eine Prostatavergrösserung oder Prostatakrebs senkt. Sex schadet der Prostata aber auch nicht.

SYMPTOME EINER BPH

Harnspeicherung

  • häufigeres Urinieren als früher
  • öfter nachts urinieren
  • plötzlicher Harndrang und Probleme, mit dem Urinieren zu warten
  • unfreiwilliger Harnabgang

Blasenentleerung

  • schwacher Harnstrahl
  • geteilter oder sprühender Harnstrahl
  • häufig unterbrochener Harnstrahl
  • notwendiges Pressen beim Urinieren
  • verzögerter und längerer Harnfluss
  • in seltenen Fällen: akuter oder chronischer Harnverlust

Nach dem Urinieren

  • Gefühl, dass die Blase nicht vollständig entleert ist
  • unfreiwilliger Harnverlust oder Harnträufeln nach dem Toilettenbesuch