Langweiliger Familienausflug? Von wegen. Auf jedem Spaziergang lassen sich viele Heilkräuter und -pflanzen mit besonderen Eigenschaften finden. Begeben Sie sich mit uns auf Spurensuche.
Entlang der Schweizer Spazier- und Wanderwege lohnt es sich, einen genaueren Blick über die Wiesen und Felder zu werfen. Insbesondere zur aktuellen Jahreszeit gibt es für Gross und Klein allerlei Spannendes zu entdecken. Wir geben einen kompakten Überblick mit wissenswerten Infos zu fünf Heilpflanzenfavoriten.
Schwarzer Holunder
Standort: Wald und Waldrand, Schuttplätze, frei stehend auf Wiesen
Aussehen: bis zu 5 Meter hoch, starke Verzweigung, Mai bis Juli flache Blütenstände (bis zu 20 cm Ø) aus vielen cremeweissen Einzelblüten; im Herbst hängende schwarze Beeren
Die torbogenartigen Äste verholzen nicht komplett, sondern behalten ein weiches, poröses Inneres. Trotz der vielen mit Flüssigkeit gefüllten Blätter bleibt der Strauch luftig. Mit der Blütenbildung schwitzt der Holunder förmlich seine Feuchtigkeit heraus und «reinigt» sich selbst. Genauso hilft er bei grippalen Erkrankungen und verschleimten Bronchien. Holunderblüten dürfen in keinem Fiebertee fehlen. Ihr leicht süsslicher Geruch erinnert an das durch die Heilpflanze verursachte Schwitzen und Regulieren der Körpertemperatur.
Tipp: Sirup aus den gesammelten Holunderblüten ist eine wunderbare Erfrischung. Aus den Ästen lassen sich Flöten schnitzen.
Brennnessel
Standort: Waldränder und -lichtungen; nährstoffreiche Böden; Miststöcke
Aussehen: bis zu zwei Meter hoch, buschig, gezähnte Blätter mit langer Spitze und Brennhaaren
Fast schon wild und angriffig ist die Optik der Brennnessel und das trifft auch auf ihre Eigenschaften zu. Die mit Ameisensäure gefüllten Röhrchen der Brennhaare dienen der Frassverteidigung und brechen bei Berührungen auf, was das bekannte Brennen auf der Haut auslöst. Auch in der Wirkung der Heilpflanze zeigt sich eine gewisse Aggression. So kann die Brennnessel – die zu Unrecht als Unkraut bezeichnet wird – abgelagerte Eiweissverbindungen aus dem Gewebe lösen und via Nieren ausscheiden. Durch diese harntreibende Wirkung eignet sich die Heilpflanze ideal für Entschlackungskuren.
Tipp: Mit Schere und Gartenhandschuhen die jeweils oberen fünf Blätter abschneiden, abwaschen und in einer Pfanne in etwas Öl frittieren, bis sie braun werden. Abtropfen lassen, salzen und fertig sind die knusprigen Chips zum Apéro.
Spitzwegerich
Standort: Wiese, Wegränder, Schuttplätze
Aussehen: bis zu 50 cm hoch; schmale, längliche Blätter; von Mai bis September unscheinbare Blüten mit dominanten, frei hängenden gelben Staubbeuteln an langen Fäden
Die Blätter des spröde aussehenden Krauts enthalten unerwartet viel Flüssigkeit. Das wird deutlich, wenn man sie zwischen den Handballen zerdrückt. Der Spitzwegerich bringt Feuchtigkeit an trockene Orte. Seine starken Wurzeln und die kräftige Blattrosette verankern ihn fest im Boden, gleichzeitig weisen Blätter und Blüten nach oben, auf der Suche nach dem luftigen Element. Diese Heilpflanze wird dementsprechend bei trockenen Erkrankungen der Atemwege eingesetzt. Der kühlende Saft hat eine beruhigende und entzündungshemmende Wirkung, speziell auf die Bronchien.
Tipp: Den Saft direkt auf juckende oder verletzte Hautstellen auftragen. Abschliessend ein ganzes Blatt wie ein Pflaster um den Finger wickeln.
Löwenzahn
Standort: Wiesen
Aussehen: bis zu 40 cm hoch, weisser Milchsaft, Blütezeit April bis September; grob gezähnte, einzigartige Blätter
Nach der Winterstarre wird aus den Pfahlwurzeln eine Blattrosette gebildet, daraus streckt sich die Blüte auf einem langen hohlen Stängel nach oben. Auch als Pusteblumen bekannt, trägt der Wind die an filigranen Schirmchen hängenden Früchte davon. Genauso wie der Löwenzahn sich selbst und die Landschaft stetig verändert – von grün, gelb, weiss bis braun –, ist auch seine Wirkung beim Menschen. Er stimuliert mit seinen Bitterstoffen die Leber, die im Körper viele Substanzen verwandelt und eine zentrale Rolle in unserem Stoffwechsel spielt.
Tipp: Die ganze Pflanze ist essbar: die jungen Blätter als Salat, die gerösteten geschlossenen Blütenknospen als falsche Kapern. Die Blüten lassen sich zu Löwenzahnhonig verarbeiten, und die geschälten Wurzeln geniesst
man im Herbst als Kochgemüse.
Hirtentäschelkraut
Standort: Kiesgruben; Äcker; Wiesen
Aussehen: bis zu 50 cm hoch, zahlreiche weisse Blüten und Früchte, Blattrosette am Grund
Unscheinbar wächst das Hirtentäschelkraut fast im Versteckten. Es strahlt nicht nach aussen und sucht nicht die Aufmerksamkeit. Die Früchte sind bescheiden und klein. Wie Pfeile sind die herzförmigen winzigen Schoten dem Zentrum der Pflanze zugewandt. Das ganze Erscheinungsbild unterstreicht, wie die Lebenskräfte dieser Heilpflanze nach innen gerichtet sind, um möglichst jeden Energieverlust zu vermeiden. Daraus leitet sich die starke blutstillende Wirkung ab: Der Lebenssaft soll im Körper behalten werden. Dadurch kann das Hirtentäschelkraut vor oder nach einer Operation unterstützend wirken.
Tipp: Für eine Erste-Hilfe-Versorgung bei blutenden Wunden die ganze Pflanze ohne Wurzeln zerquetschen, den Brei in eine Gaze wickeln und auflegen.