Richtig Stillen

Ratgeber / Kind & Familie

Wie stille ich richtig?

22.10.2019 / von 

Mit der Muttermilch macht uns die Natur ein besonders wertvolles Geschenk. Stillen fördert zum einen die Beziehung von Mutter und Kind - gleichzeitig ist Muttermilch aber auch die beste Nahrung fürs Baby. Sie ist allen Bedürfnissen eines Säuglings angepasst, enthält viele wichtige Nährstoffe und schützt vor Infektionen.

«Nur 16 Prozent der Mütter in der Schweiz stillen ihr Kind in den ersten sechs Monaten voll», weiss Dominique Belli, ärztlicher Leiter am Kinderspital Genf. Selten aus medizinischen Gründen, meistens jedoch, weil wegen Stress, Schlafmangels und Erschöpfung der Milchfluss abnimmt oder das Stillen und Abpumpen schwierig mit der Arbeitssituation zu vereinbaren sind.

Wichtige Nährstoffe

Zahlreiche Studien belegen die Vorteile des Stillens. Ein Säugling erhält mit der Muttermilch alle nötigen Nährstoffe für ein gesundes Wachstum und wichtige Abwehrstoffe gegen Infektionen. Diese mütterlichen Antikörper bieten Schutz bis das Immunsystem des Kindes eigene Antikörper entwickelt. Damit das Baby nicht auf die Muttermilch verzichten muss, wenn die Mutter einmal abwesend ist, kann die Milch abgepumpt werden. Das Kind wird dann aus dem Fläschchen gefüttert um den individuellen Stillrhythmus des Kindes einzuhalten.

Wichtige Zuneigung

Manchmal braucht es Geduld und Zeit, bis das Stillen zum entspannten Mutter-Kind-Erlebnis wird. Ängstlichkeit und Nervosität sind kontraproduktiv, frühzeitige Beratung hilft über Anfangsschwierigkeiten hinweg. In der Fachliteratur wird immer wieder betont, dass das «Bonding», der intensive Körper- und ebenso der Augenkontakt, für die Entwicklung eines Babys sehr bedeutsam sei. Körperwärme und liebevolle Zuwendung sollen also auch dann vermittelt werden, wenn der Säugling nicht an die Brust gelegt werden kann.

 

Anfangsschwierigkeiten meistern

Wichtig ist von Anfang an ein regelmässiger Stillrhythmus. In den ersten Stunden nach der Geburt ist das Baby besonders wach und sollte dann das erste Mal gestillt werden. Der Saugreflex ist zu diesem Zeitpunkt besonders gross. Weitere Zusatznahrung sollte vermieden werden. Sie ist unnötig und kann das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage der Muttermilch erheblich stören. Gönnen Sie sich in jedem Fall viel Ruhe und nehmen Sie sich Zeit für Ihr Baby.

Die optimale Stillposition

Um dem Baby und Ihnen das Stillen so angehenem wie möglich zu machen, wählen Sie einen ruhigen Ort und vor allem eine komfortable Position, vorzugsweise sitzend oder liegend. Wenn Sie im Sitzen stillen, nehmen Sie am besten ein Kissen zur Hilfe, um so für eine entspannte Haltung zu sorgen. Falls die Brustwarzen schmerzen, hilft es, wenn Sie das Kind unter Ihren Arm auf ein Kissen legen. Die Beinchen zeigen gegen die Rückenlehne. So können Sie die Brust und das Kind sehr gut führen und haben eine gute Übersicht. Das Stillen im Liegen benötigt ein bisschen Übung und am Anfang Unterstützung durch eine Drittperson. Legen Sie sich auf die Seite, stützen Sie Kopf und Rücken mit einem Kissen gut ab. Das Kind liegt in einer Seitenhaltung - Bauch an Bauch zur Mutter. Sein Rücken sollte ebenfalls durch ein Kissen gestützt werden.

Gesunde Ernährung und genug Flüssigkeit

Grundsätzlich darf eine Mutter von allem essen - vorausgesetzt sie ernährt sich gesund und ausgewogen. Trotzdem ist es ratsam, in der ersten Zeit auf blähende oder stark gewürzte Nahrungsmittel zu verzichten. Vermeiden Sie Alkohol, Tabak und aufputschende Substanzen wie Koffein. Solche Stoffe können in die Muttermilch übergehen und sind schädlich fürs Baby. Medikamente sollten Sie nur nach Rücksprache mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin einnehmen. In Bezug auf die Flüssigkeit gilt eine einfache Regel: Trinken Sie zusätzlich zu Ihrer normalen Trinkmenge zu jeder Brustmahlzeit ein Glas Flüssigkeit. Somit wird der Eigenbedarf wie auch derjenige des Kindes gedeckt.

Stillen und Arbeiten

Der Arbeitgeber ist in der Regel verpflichtet, der Mutter die nötige Zeit zum Stillen zur Verfügung zu stellen. Während dem Mutterschutzurlaub können Sie sich auf das Stillen während der Berufstätigkeit vorbereiten. In den Wochen vor der Arbeitsaufnahme können Sie Milch abpumpen und in kleinen Portionen einfrieren. Diese Menge reicht dem Baby während Ihren ersten Arbeitstagen. In den gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitspausen können Sie die Milch für die folgenden Tage abpumpen. Erkundigen Sie sich nach einer geeigneten Milchpumpe und bewahren Sie die Milch an einem kühlen Ort auf.

Auf die eigene Ernährung achten!

Wenn Sie ausschliesslich Stillen, produzieren Sie in den ersten drei Monaten ungefähr 800 ml Milch pro Tag. Zur Herstellung dieser Milch verbraucht Ihr Organismus ungefähr 500 kcal pro Tag. Es ist daher wichtig, regelmässig zu essen, zahlreiche ausgewogene Zwischenmahlzeiten zu sich zu nehmen und viel Wasser zu trinken.

Viele Mütter sind öfters müde, da sich durch das Stillen die Eisenreserven verringern können. Eisenreiche Nahrungsmittel sind daher vorzuziehen. Sie führen Ihnen jene Energie zu, die Sie und Ihr Baby brauchen. Vermeiden Sie es, während der Stillperiode eine Diät zu befolgen oder die ausgewogene Ernährung einzuschränken, denn das könnte Ihrer Milchproduktion schaden. Im Idealfall sollte Ihre Ernährung während der Stillperiode Folgendes enthalten:

  • rotes Fleisch und Gemüse mit grünen Blättern, die reich an Eisen sind
  • Vollwertnahrungsmittel und Getreide
  • frisches Obst und andere Gemüse wegen ihrer Vitamine und Mineralien
  • Fleisch, Fisch, Hülsenfrüchte und Eier wegen ihrer Proteine
  • fettarme Milchprodukte einschliesslich Milchgetränke, Käse und Joghurts wegen ihres Kalziumgehaltes

 

Schrittweises Abstillen

Ist das Kind älter als sechs Monate und isst bereits selbstständig, können Frauen mit Hilfe von Hausmitteln und anderen Tricks natürlich abstillen. Dabei wird die Muttermilch immer mehr durch Säuglingsmilch aus dem Schoppen oder Beikost ersetzt. So geht die Milchbildung langsam zurück, weil das Baby die Produktion der Muttermilch nicht mehr so stark anregt. Das geht zwar nicht von heute auf morgen, ist aber die sanfteste Art um Abzustillen. Am besten ist es, wenn die Mütter einmal pro Woche eine Stillmahlzeit durch den Schoppen oder Beikost ersetzen.Der einzige Nachteil: Bis das Kind von der Brust entwöhnt ist, vergehen mehrere Wochen. Eine andere Möglichkeit ist,  die Brust im Wechsel zu geben und vor der Mahlzeit mit Gemüsebrei zu füttern. Dies ist jedoch nur empfehlenswert, wenn das Kind mindestes fünf Monate alt ist. Wer das Abstillen dennoch etwas unterstüzten will, kann zum Beispiel einen enganliegenden, aber nicht einschnürenden Büstenhalter tragen, ein kühlendes Cold Hot-Pack oder ein Quarkwickel auflegen. Diese Methoden vermindern die Milchmenge. Fühlen sich die Brüste sehr prall an, sollte die Milch ausgestrichen werden, damit es keinen Milchstau gibt. Mit einigen Tassen Salbei- und Pfefferminztee kann das Abstillen unterstützt werden, aber die Mütter sollten etwas weniger trinken, als während der Stillzeit.

Schnelles Abstillen

Wer aufgrund von Brustentzündungen oder anderen Gründen schnell abstillen muss, wählt die Variante mit der Abstillpille. Der darin enthaltene Wirkstoff hemmt die Ausschüttung des milchbildenden Hormons Prolaktin und erlaubt Frauen, quasi von einem Tag auf den anderen abzustillen. Das Produkt wird vom Frauenarzt verschrieben und kann auch Nebenwirkungen wie Kreislaufbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen oder Kopfschmerzen hervorrufen.