Allergien

Ratgeber / Gesundheit

Hilfe bei allergischen Reaktionen

24.06.2022 / von 

Insekten, Nüsse, Früchte oder Pollen: Rund drei Millionen Menschen leiden in der Schweiz an einer Allergie oder Intoleranz. Allergie-Notfallmedikamente können wertvolle Soforthilfe leisten und sogar Leben retten.

Eine allergische Reaktion ist eine übertriebene Antwort des Immunsystems beim Kontakt mit einer an sich ungefährlichen körperfremden Substanz. Das menschliche Immunsystem ist lernfähig und weiss grundsätzlich gut, welche fremden Stoffe schädlich sind und welche nicht. Bei einer Allergie kann es allerdings nicht mehr richtig unterscheiden. Anstatt das harmlose Fremdmaterial zu ignorieren, mobilisiert der Körper im Fall einer Allergie seine Abwehrkräfte und schüttet den körpereigenen Botenstoff Histamin aus. Die Folgen dieser Immunreaktion sind Juckreiz, geschwollene Schleimhäute, Atemnot oder womöglich gar ein Kreislaufzusammenbruch. Die Allergene, die allergieauslösenden Stoffe selbst, richten dabei keinen direkten Schaden an.

Wie es zu Allergien kommt

Grundsätzlich entsteht eine überempfindliche Reaktion gegen einen Allergieauslöser nur dann, wenn das Immunsystem zuvor bereits in Kontakt mit der körperfremden Substanz war. Beim Erstkontakt zeigt sich zwar noch nichts von einer Allergie, der Körper bildet jedoch bereits spezifische Antikörper gegen das Allergen. Wenn die Abwehrkräfte erneut mit dem Allergen in Berührung kommen, treten Symptome auf. Der Prozess, wenn das Immunsystem einen Fremdstoff erstmalig erkennt und als bedrohlich bewertet, wird Sensibilisierung genannt. Es ist auch möglich, dass verschiedene Allergien entstehen. Zu den häufigsten Allergieauslösern zählen Insektengifte von Wespen oder Bienen, Medikamente oder Nahrungsmittel wie Nüsse oder Schalentiere. Unbestritten ist die Rolle der genetischen Faktoren: Leiden Mutter oder Vater an Allergien, besteht ein erhöhtes Risiko, dass ihre Kinder ebenfalls Allergiker werden. Auch im Erwachsenenalter kann sich eine solche Überreaktion des Immunsystems entwickeln. Eine Allergie sollte ärztlich diagnostiziert werden, dafür stehen Ärztinnen und Ärzten verschiedene Testmöglichkeiten zur Verfügung. Ebenso können sie einen persönlichen Allergiepass ausstellen.

Juckreiz, Schnupfen und tränende Augen

Eine Allergie kann sich verschieden äussern. Symptome treten begrenzt lokal oder am gesamten Körper auf. Mögliche Anzeichen sind Hautauschläge mit Juckreiz und kleinen Quaddeln, geschwollene oder gerötete Schleimhäute bis zu Atemnot; Fliessschnupfen, Niesreiz; brennende, tränende oder geschwollene Augen; Juckreiz hinter dem Gaumen, Husten, Asthmaanfälle, aber auch unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Magen-Darm-Beschwerden. Erfasst die Reaktion den ganzen Organismus, kann es im schlimmsten Fall zu einem anaphylaktischen Schock (siehe Box) kommen. Je nach Allergietyp treten die Symptome innert weniger Minuten oder erst nach bis zu zwölf Stunden auf.

Richtig vorbereitet sein

Wer weiss, dass sie oder er auf gewisse Substanzen stark allergisch reagieren kann, trägt idealerweise ein sogenanntes Notfall-Allergieset mit sich. Auch bei Personen mit Allergikern in der Familie, die selber aber noch nie allergisch reagiert haben, wird in bestimmten Situationen zum Mitführen einer Notfallmedikation geraten – etwa bei Reisen in ferne Länder oder bei Aufenthalten ausserhalb der Zivilisation. Durch die sofortige Anwendung wird Zeit gewonnen und ein allfälliger anaphylaktischer Schock verhindert oder hinausgezögert. Auf die Einnahme der Notfallmedikamente muss immer ein Arzt- oder Spitalbesuch folgen.

Das Notfallset beinhaltet ein Antihistaminikum und ein Glukokortikoid (Cortison), beide Präparate werden im Fall einer starken allergischen Reaktion gleichzeitig eingenommen. Während das Antihistaminikum nach kurzer Zeit die Wirkung des ausgeschütteten Histamins unterdrücken kann, wird das Cortison-Präparat eingesetzt, um die Bildung von entzündungsfördernden Enzymen und Botenstoffen zu hemmen. So wirken sie der allergischen Reaktion entgegen und können Folgeschäden verhindern. Die Wirkung der Cortison-Präparate tritt allerdings erst einige Stunden nach der Einnahme ein. Falls es schon früher einmal zu einer schweren Schockreaktion gekommen ist, sollte das Set mit einer Adrenalin-Notfallspritze, bei Asthmatikern mit einem bronchienerweiternden Asthmaspray ergänzt werden. Es empfiehlt sich, das Set stets bei sich zu tragen und eines zusätzlich am Arbeitsplatz oder zu Hause zu deponieren. Einige Produkte sind rezeptpflichtig, doch sie können für den Notfall nach einem Gespräch mit der Apothekerin oder dem Apotheker abgegeben werden. Die Beratung muss dokumentiert werden.

Kinder mit Allergien

Dadurch, dass bei Kindern das Immunsystem noch nicht ausgereift ist, neigen sie vermehrt zu Allergien, insbesondere gegen Lebensmittel. Einige verschwinden im Erwachsenenalter, manche bleiben ein Leben lang. Eltern von Allergikern führen im Idealfall das Allergieset und den Allergiepass ihres Kindes mit sich. Sobald das Kind selbstständiger wird, soll es gezielt über die Massnahmen informiert, proaktiv eingebunden werden und Set und Pass selber auf sich tragen. Es lohnt sich in jedem Fall, Allergene bestmöglich zu vermeiden und Kita-Betreuerinnen, Lehrkräfte, Lagerleiter, Freundinnen und Freunde sowie deren Eltern über Allergien und mögliche Reaktionen aufzuklären, sodass sie sich im Fall eines Anfalls korrekt verhalten. Unabhängig davon, ob im Erwachsenenalter oder als Kind betroffen: Unsere Fachpersonen beraten kompetent und individuell.

Erste Hilfe bei anaphylaktischem Schock

Bei der schweren Überempfindlichkeitsreaktion des Körpers erleiden Betroffene einen Atem- und Herz-Kreislauf-Stillstand. Ein anaphylaktischer Schock kann lebensbedrohlich sein.

  • Rettungsdienst alarmieren
  • Zuführen von weiteren Allergenen verhindern (z. B. vor Insekten schützen, Essen stoppen)
  • Ohne Atemnot: in Schocklage bringen, Oberkörper tief- und Beine hochlagern
  • Mit Atemproblemen: Oberkörper hochlagern
  • Bei Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage
  • Puls und Atmung überwachen
  • Herz-Kreislauf-Stillstand: Reanimation
  • Unterstützung bei der Anwendung der Notfallfallmedikamente, die betroffene Person sollte diese selbst schlucken können
My Huong Luong
Wir instruieren Patientinnen und Patienten sehr genau, wann die Tabletten aus dem Notfall-Allergieset eingenommen werden sollen.

My Huong Luong

Eidg. dipl. Apothekerin und Betriebsleiterin in Laufen

Wie läuft der Bezug eines Notfall-Allergiesets in der Apotheke ab?

In unserern Apotheke führen wir mit der betroffenen Person eine vertiefte Abklärung ihrer Krankengeschichte ab. Das heisst, wir erfragen alle medizinisch relevanten Informationen rund um die Allergie und erfassen diese. Ist das Mitführen eines Notfall-Allergiesets angezeigt, instruieren wir genau, wann die Tabletten eingenommen werden sollen. Patientinnen oder Patienten, die bereits ein Set haben, können es bei uns unkompliziert ersetzen oder wieder auffüllen lassen.

Warum werden die Notfallmedikamente gleichzeitig eingenommen?

Antihistaminika wirken bereits sehr schnell – etwa nach 10 bis 30 Minuten. Sie verhindern die weitere Histaminfreisetzung, mindern die allergische Reaktion und wirken abschwellend – sie sind also eine wichtige Sofortmassnahme. Cortison-Präparate hemmen die Bildung von entzündungsfördernden Enzymen und Botenstoffen und wirken der allergischen Reaktion entgegen, sie knüpfen quasi an die Wirkung des Antihistaminikums an. Da es länger dauert, bis ihre Wirkung eintritt, müssen die sogenannten Glukokortikoide zeitgleich mit Antihistaminika eingenommen werden.

Wie können Eltern vorsorgen, die selber an Allergien leiden?

Wenn die Eltern wissen möchten, ob ihr Kind eventuell allergisch reagiert, können sie beim Kinderarzt oder bei der Allergologin einen Prick-Test machen. Er beruht auf 15 bis 20 Testlösungen, die auf die Haut aufgetragen werden, um die Überempfindlichkeitsreaktion auf bestimmte Allergiestoffe wie Pollen, Tierhaare, Hausstaubmilben, Nahrungsmittel, Schimmelpilze und Insektengifte nachzuweisen.