Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen: Jährlich leiden schweizweit 9 Prozent der Bevölkerung an einer depressiven Störung. Wird die Diagnose korrekt gestellt, kann einem Grossteil der Erkrankten dauerhaft und erfolgreich geholfen werden.
Die Herkunft des Namens «Depression» geht auf das lateinische «deprimere» zurück, was «niederdrücken» bedeutet. Von Betroffenen wird die Erkrankung entsprechend mit dem «Gefühl der Gefühllosigkeit» beschrieben. Die psychische Erkrankung kann sich durch zahlreiche Beschwerden äussern, die mindestens während zwei Wochen andauern. Hauptsymptome sind eine anhaltende bedrückte Stimmung (keine Traurigkeit), Verlust an Interessen, Freudlosigkeit, Antriebsmangel und erhöhte Ermüdbarkeit. Zu den sogenannten Nebensymptomen zählen Schlaflosigkeit, vermindertes Selbstwertgefühl, Zukunftsängste, Gefühl der Schuld oder Wertlosigkeit, Konzentrations- und Appetitstörungen. Zahlreiche körperliche Beschwerden sind ebenfalls möglich. Bei einigen können sich früher oder später Suizidgedanken einstellen.
Umgang mit Suizidgedanken
reden-kann-retten.ch
Die Website bietet praktische Hilfe und wertvolle Informationen für Betroffene, Angehörige und Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben.
Notfallnummer
Für Erwachsene 143
Für Jugendliche 147
Drei Schweregrade
Da die Symptome zu Beginn auch auf andere Erkrankungen hindeuten können, muss eine Depression immer von einer Ärztin oder einem Psychiater diagnostiziert werden. Sie wird grundsätzlich in drei Schweregrade eingeteilt: Bei einer leichten Depression leiden Betroffene an je zwei Haupt- und Nebensymptomen. Je mehr Symptome dazukommen, desto schwerer ist die Erkrankung. Bei leichten Erkrankungen sind Betroffene aktiv, auch wenn es ihnen konstant schlecht geht. Mittlere Depressionen greifen stark in den Alltag ein, bei schweren Verläufen ist dessen Bewältigung nicht mehr möglich, längere Spital- oder Therapieaufenthalte werden nötig. Obwohl die Spannbreite innerhalb der drei Arten gross ist, muss jede Form einer Depression ernst genommen werden.
Genetik und Traumata als Ursachen für Depressionen
In der Regel sind es mehrere zusammenwirkende Faktoren, die eine Depression entstehen lassen. Wissenschaftlich belegt ist die erbliche Vorbelastung: Sind Verwandte ersten Grades betroffen, liegt die Gefahr bei ca. 15 Prozent, selbst eine Depression zu entwickeln. Der Mechanismus, wie eine Depression entsteht, ist noch nicht vollständig beschreibbar. Untersuchungen deuten darauf hin, dass Erkrankte durch Veränderungen von Botenstoffen, sogenannten Neurotransmittern, im Gehirn gekennzeichnet sind. Dabei gerät der Stoffwechsel der Neurotransmitter Serotonin, Dopamin, Noradrenalin, Acetylcholin und Gamma-Aminobuttersäure aus dem Gleichgewicht. Oft tritt die Erkrankung aufgrund einer grossen Veränderung auf: Sie kann die Folge von traumatischen Erlebnissen, persönlichen Krisen, chronischen Belastungen oder zwischenmenschlichen Problemen sein. Auch andere Krankheiten, wie chronische Schmerzen, Krebs-, Herz-Kreislauf- und Demenz-Erkrankungen, sowie gewisse Medikamente können bei der Entstehung eine Rolle spielen.
Therapie einer Depression
Grundsätzlich werden zwei Arten von schulmedizinischen Mitteln gegen Depressionen, sogenannte Antidepressiva, unterschieden. Die eine Gruppe wirkt aktivierend und wird in der Regel morgens eingenommen. Medikamente dieser Gruppe kommen zum Einsatz, wenn sich Betroffene lethargisch, gefühllos und träge fühlen. Die zweite Gruppe richtet sich an Menschen, die angespannt sind und unter Schlafproblemen leiden. Sie haben eine beruhigende Wirkung und sind oft schlafanstossend. Je nach Beschwerden ist es möglich, dass innerhalb einer Therapie Präparate aus beiden Gruppen verordnet werden. Bei manchen Präparaten baut sich die antidepressive Wirkung erst nach einiger Zeit auf. Die Nebenwirkungen machen sich vorwiegend während der ersten Einnahmetage bemerkbar. Wer eine Therapie mit Antidepressiva startet, braucht zu Beginn Durchhaltevermögen. Andere Wirkungen, zum Beispiel die beruhigende, stellen sich allerdings bereits am Anfang der Einnahme ein. Eine Depression sollte nie nur medikamentös behandelt werden. Eine Psychotherapie gilt dabei als wichtiges Pendant. Je nach Beschwerden bewähren sich auch andere Behandlungsansätze wie Verhaltens-, Licht-, Wach-, Bewegungs- oder Ergotherapie sowie künstlerische und kognitive Therapien.
Umgang mit Antidepressiva
Bei der Einnahme von Antidepressiva entsteht keine körperliche Abhängigkeit und somit auch keine Entzugssymptomatik. Bei einer jahrelangen Einnahme kann sich der Körper an die unterstützende Wirkung der Präparate gewöhnen. Deshalb ist es elementar, dass Antidepressiva nie selbstständig, sondern immer in ärztlicher Absprache abgesetzt werden. Das Absetzen von Antidepressiva erfolgt ausschleichend – dabei wird die Dosierung in kleinen Schritten gesenkt. Voraussetzung dazu ist eine psychische Stabilität der Patientin oder des Patienten. Eine Depression bringt in vielen Fällen auch weitere Beschwerden mit sich. Betroffene nehmen oft zusätzliche Medikamente ein. Angstlösende Mittel, wie etwa Benzodiazepine oder sehr starke Schmerzmittel, können zu einer körperlichen Abhängigkeit führen. Umso wichtiger ist der stete Austausch mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Psychiater sowie den Fachpersonen in der Apotheke.
Mögliche Nebenwirkungen
Insbesondere Antidepressiva der älteren Generation rufen unerwünschte Nebenwirkungen hervor. Beobachtet werden beispielsweise Stoffwechselstörungen mit Gewichtszunahme oder -abnahme als Folge. Die Begleiterscheinungen der meisten Antidepressiva sind Verstopfung, Schwitzen, Zittern, Kopfschmerzen, Schwindel oder ein trockener Mund und eine verstopfte Nase. Erfahrungsgemäss treten diese vorwiegend zu Beginn einer Therapie auf. Wichtig ist hingegen die stetige Beobachtung der Herzfrequenz: Antidepressiva können zu Änderungen des Elektrokardiogramms (EKG) führen. Vorsicht gilt somit bei älteren Menschen sowie Betroffenen, die an Herzkrankheiten leiden oder andere Medikamente einnehmen. Bei der Kombination mit Antidepressiva kann es zu Wechselwirkungen, sogenannten Interaktionen, kommen. Auch bei selbst gekauften Medikamenten sollte eine Therapie mit Antidepressiva in jedem Fall erwähntwerden. Die Fachpersonen in der Apotheke beraten und begleiten Sie gerne persönlich.
Dr. Daniel Wechsler
Eidg. dipl. Apotheker und Betriebsleiter
Gibt es auch pflanzliche Antidepressiva?
Bei gedrückter Stimmung, Spannungszuständen oder innerer Unruhe bewährt sich Johanniskraut. Es ist in Tablettenform erhältlich und gilt als eine Möglichkeit der Selbsttherapie. Der Beginn einer Therapie sollte mit den Fachpersonen in der Apotheke in Angriff genommen werden.
Stellen Sie Veränderungen im Umgang mit Antidepressiva fest?
Im Gegensatz zu früher ist der Umgang entspannter. Patientinnen und Patienten machen grundsätzlich gute Erfahrungen mit der Einnahme von Antidepressiva, und die Hemmschwelle, darüber zu sprechen, ist gesunken.
Wie kann das soziale Umfeld Betroffene mit einer Depression unterstützen?
Indem es mehr auf die Person eingeht. Ein verständnisvolles und empathisches Verhalten hilft Betroffenen besser als Ratschläge oder Forderungen. Ein möglichst «normaler» Umgang im sozialen Umfeld oder bei der Arbeit unterstützt auf dem Weg zur Besserung zusätzlich.