Ohren

Ratgeber / Gesundheit

Gesundes Hörorgan

23.05.2025 / von 

Ob Wattestäbchen, Kopfhörer oder Lärm – unsere Ohren sind im Alltag vielen Belastungen ausgesetzt. Wie schützen wir sie vor Schäden – und was passiert, wenn sie überlastet werden?

Das menschliche Ohr ist ein kleines Meisterwerk der Natur. Es besteht aus drei Bereichen, die zusammenarbeiten: Das äussere Ohr mit der Ohrmuschel fängt Schallwellen ein und leitet sie durch den Gehörgang zum Mittelohr. Dort verstärken drei winzige Knochen – Hammer, Amboss und Steigbügel – die Schwingungen und übertragen sie ins Innenohr. In der Hörschnecke werden diese Schallwellen in Nervenimpulse umgewandelt und an das Gehirn weitergeleitet.

Unser Gehör ist äusserst präzise: Wir können über 400'000 verschiedene Töne unterscheiden. Neben dem Hören ist das Ohr auch für unser Gleichgewicht zuständig. Flüssigkeitsgefüllte Kanäle im Innenohr registrieren jede Kopfbewegung und helfen uns, sicher zu stehen, zu gehen und uns im Raum zu orientieren. Unsere Ohren leisten also weit mehr, als wir ihnen im Alltag zutrauen.

Wattestäbchen sind kontraproduktiv

Für viele geht die Ohrenpflege mit dem Reinigen der Ohren einher. Das ist jedoch ein Irrglaube, denn mit dem Ohrenschmalz verfügen unsere Ohren über ein erstaunliches Selbstreinigungssystem. «Grundsätzlich muss man die Ohren nicht in besonderer Weise reinigen», erklärt Albana Bekaj, dipl. Drogistin HF und Co-Betriebsleiterin. «Das Ohrenschmalz schützt das Ohr und transportiert Schmutz ab.»

Ob nach dem Duschen oder vor dem Schlafengehen – für viele gehört das Wattestäbchen trotzdem zur täglichen Routine. Doch statt die Ohren zu reinigen, kann der Einsatz der Stäbchen genau das Gegenteil bewirken: «Wattestäbchen können das Ohrenschmalz tiefer in den Gehörgang drücken, wo es sich zu einem Pfropfen verhärten kann», warnt Albana Bekaj. Das führe nicht nur zu einem dumpfen Hörgefühl, sondern könne auch Schmerzen verursachen. Die Expertin empfiehlt daher, Ohrenschmalz nur dann zu entfernen, wenn es tatsächlich zu einer Hörbeeinträchtigung kommt. Besonders sanft gelingt das mit reinigenden Ohrensprays auf Olivenöl- oder Meerwasserbasis. Diese helfen, das Ohrenschmalz geschmeidig zu halten, und erleichtern seinen Abfluss.

Heisser Sommer, nasse Ohren

Ein Sprung ins kühle Nass an einem heissen Sommertag – erfrischend für den Körper, aber nicht immer gefahrenlos für die Ohren. Besonders beim Tauchen kann Wasser in den Gehörgang gelangen und Probleme verursachen. «Häufiges und langes Tauchen in der Badi kann eine Gehörgangsentzündung auslösen, auch Schwimmbad-Otitis genannt», erklärt die Drogistin. Wer zu solchen Infektionen neigt, kann auf Taucherohrentropfen zurückgreifen, die viele Apotheken selbst herstellen. «Diese enthalten leichte Säuren, die Bakterien und Keimen entgegenwirken.» Alternativ helfen dichte Silikon-Ohrstöpsel, um das Wasser fernzuhalten. Und wenn doch Wasser ins Ohr gelangt? Ein einfacher Trick für die Badi: «Nach dem Schwimmen seitlich hinlegen, damit das Wasser natürlich aus dem Ohr ablaufen kann.»

Kopfhörer: Eine Frage der Dosierung

Nicht immer kommt die Belastung für unsere Ohren von aussen – manchmal entsteht sie direkt im Gehörgang. Während Wasser und Schmutz Entzündungen begünstigen können, kann auch der Dauergebrauch von In-Ear-Kopfhörern problematisch sein. «Das Wichtigste ist, den Ohren genügend Pausen zu verschaffen», rät Albana Bekaj. Eine bewährte Methode ist die 60/60-Regel: nicht länger als 60 Minuten am Stück Musik hören – und das bei maximal 60 Prozent der Lautstärke.

Doch nicht nur Kopfhörer belasten unser Gehör: Auch Lärm im Alltag ist ein Risiko. «Lärmbelastungen von über 120 Dezibel können schon nach kurzer Zeit das Gehör schädigen», erklärt die Expertin. Besonders in Clubs, an Konzerten oder bei lauten Arbeiten sollte nicht auf schützende Ohrstöpsel verzichtet werden. «Gerade junge Menschen sollten sich bewusst sein, dass sie nicht immun gegen Hörschäden sind.» Denn einmal verloren, lässt sich das Gehör nicht zurückgewinnen.

Hörverlust: Ein schleichender Prozess

Unsere Hörfähigkeit nimmt mit dem Alter ab – oft unbemerkt. Viele Menschen gewöhnen sich daran, indem sie unbewusst lauter sprechen oder häufiger nachfragen. «Oft sind es Angehörige, die darauf aufmerksam machen», sagt Albana Bekaj. Ein weiteres Anzeichen: Schwierigkeiten, Hintergrundgeräusche auszublenden – etwa in einem vollen Restaurant.

Ein Hörverlust kann weitreichende psychische Folgen haben. «Viele Menschen ziehen sich zurück, weil sie Gesprächen nicht mehr folgen können», so die Drogistin. Gerade in lauter Umgebung wird das Verstehen mühsam, soziale Situationen werden gemieden – mit dem Rückzug steigt das Risiko für depressive Verstimmungen. Hörgeräte können helfen, doch die Hemmschwelle ist oft hoch. «Es braucht Zeit, sich daran zu gewöhnen – doch je früher man es trägt, desto leichter fällt die Anpassung.» Ein Hörtest ist jederzeit sinnvoll, spätestens aber ab dem 50. Lebensjahr.

Auch natürliche Wege können helfen, das Gehör zu sensibilisieren: «Regelmässige Pausen und bewusstes Wahrnehmen leiser Geräusche, wie das Rascheln von Laub oder das Plätschern eines Bachs, trainieren die Hörfähigkeit.»

5 Tipps für gesunde Ohren

  • Lärmpausen einlegen: Strassenverkehr und anderer Umgebungslärm stressen die Ohren und können das Gehör langfristig belasten. Gönnen Sie sich regelmässig stille Momente.
  • Ohrenfreundlich essen: Omega-3-reiche Lebensmittel wie Lachs oder Nüsse fördern die Durchblutung im Innenohr.
  • Bewusst entspannen: Erholungsmethoden wie Yoga helfen, den Stresspegel zu senken und chronischen Ohrgeräuschen (Tinnitus) entgegenzuwirken.
  • Lautstärke zähmen: Ob beim Heimwerken oder am Konzert: Sobald es laut wird, ist ein Gehörschutz ein Muss, um bleibende Schäden zu verhindern.
  • Multitasking vermeiden: Wer beim Telefonieren gleichzeitig Musik oder Videos abspielt, setzt seine Ohren unnötigen Doppelbelastungen aus.