Magen

Ratgeber / Gesundheit

Organporträt Magen: Robust und sensibel

24.04.2024 / von 

Er produziert Säure, die alles zersetzt, ausser ihn selbst. Gleichzeitig reagiert er empfindlich auf Stress und psychische Belastungen. Grund genug, dem Magen etwas Aufmerksamkeit zu schenken.

Er arbeitet meistens still vor sich hin und knurrt, wenn er leer ist: der Magen. Das muskuläre Hohlorgan, dessen Form an eine grosse Kidneybohne erinnert, liegt im linken oberen Bauchbereich unterhalb des Zwerchfells. Bei mässiger Füllung ist er etwa 20 bis 30 Zentimeter lang und kann bis zu zweieinhalb Liter fassen. Der Magen lässt sich grob in vier Abschnitte aufteilen. Die Stelle, an der die Speiseröhre in den Magen mündet, nennt man Magenmund. Daneben bildet das obere Ende des Magens eine kuppelförmige Wölbung, den Magengrund. Den grössten Teil des Organs macht der Magenkörper aus, der sich nach unten zum Pförtner-Vorraum verengt. Das untere Ende umfasst den Magenpförtner, einen Schliessmuskel, der den Ausgang und den Übergang zum Zwölffingerdarm bildet.

Wichtige Speicherfunktion

Als Teil unseres Verdauungstraktes nimmt der Magen die Nahrung aus der Speiseröhre auf, lagert sie und gibt sie portionenweise an den Darm weiter. Dank dieser Speicherfunktion können wir unseren Nahrungsbedarf mit wenigen Hauptmahlzeiten am Tag decken. Aber auch für die Verdauung spielt er eine wichtige Rolle. Durch kontinuierliche Muskelbewegungen durchmischt er die Nahrung, bis ein feiner Speisebrei entsteht.

Dabei hilft ihm die Magensäure, welche die Magenwand produziert, sobald sie mit Nahrung in Kontakt kommt und sich der Magen dehnt. Sie sorgt für ein sehr saures Milieu, das nötig ist, um die Nahrung aufzuspalten und Keime sowie Bakterien unschädlich zu machen. Der pH-Wert des Magens liegt im nüchternen Zustand zwischen 1 und 1,5 und steigt im Kontakt mit Nahrung auf Werte zwischen 2 und 4 an. Damit sich der Magen nicht selbst zersetzt, ist er mit einer schützenden Schleimhaut ausgekleidet.

Im Magen werden dank dem Enzym Pepsin vor allem die in der Nahrung enthaltenen Eiweisse in kleinere Bestandteile aufgespalten und für die weitere Verdauung im Darm vorbereitet. Fette und Kohlenhydrate passieren den Magen nahezu unverändert. Wie lange der Speisebrei im Magen verweilt, hängt von seiner Zusammensetzung ab. Leicht Verdauliches wie Obst und Gemüse oder einfache Kohlenhydrate werden nur etwa ein bis zwei Stunden im Magen bearbeitet, während ein fetthaltiges Mahl zwischen fünf und acht Stunden dort verbleibt.

Wenn der Magen krank wird

Normalerweise verrichtet der Magen seine Arbeit fast unbemerkt. Doch manchmal können Symptome wie Sodbrennen, Übelkeit, Völlegefühl, Blähungen oder Schmerzen unter dem Rippenbogen auftreten – oft nur vorübergehend, zum Beispiel nach einem üppigen Mahl. Es kann aber auch mehr dahinterstecken. Häufige Magenerkrankungen sind Gastritis, eine Entzündung der Magenschleimhaut, die Refluxkrankheit, bei der Magensäure in die Speiseröhre zurückfliesst, sowie Magengeschwüre. Diesen Krankheiten beugt man am besten mit einem gesunden Lebensstil vor. Das bedeutet: Stress vermeiden, Alkohol und Kaffee massvoll konsumieren und, wenn möglich, aufs Rauchen verzichten. Auch das Essverhalten kann helfen, Krankheiten zu vermeiden (siehe Infobox).

 

Magenfreundliche Ernährung

Grundsätzlich ist unser Magen ein robustes Organ. Wenn man ein paar Dinge berücksichtigt, kann man ihm aber die Arbeit erleichtern und Beschwerden verhindern: Gekochte Lebensmittel sind leichter verdaulich als rohe, weil beim Erhitzen bestimmte Inhaltsstoffe bereits besser für den Körper verfügbar gemacht werden. Dabei sollte man auf eine fettarme Zubereitung achten, weil Fett wiederum schwer verdaulich ist. Zudem bevorzugt der Magen warmes Essen, da es ihn bei der Verdauung weniger Energie kostet. Getränke und kalte Speisen wie zum Beispiel eine Glace muss der Magen erst auf Körpertemperatur bringen, bevor er sie weiterverarbeiten kann. Zu den besonders magenfreundlichen Lebensmitteln gehören gekochtes Gemüse, Reis, Haferflocken, mageres Fleisch und gekochte Kartoffeln.

Der Weg der Verdauung: Vollkornsandwich mit Käse und Gurke

Wenn wir ein Vollkornsandwich mit Käse und Gurke essen, wird beim Kauen im Mund erst einmal alles zerkleinert und mit Speichel durchmischt. Dadurch wird der Brei weicher und ist leichter zu schlucken. Gleichzeitig werden ihm die ersten Verdauungsenzyme beigemischt. Diese spalten die Stärke im Brot in kleinere Bestandteile, die Maltose, auf. Dieser Vorgang erleichtert die weitere Verdauung. Deshalb ist es wichtig, dass man die Nahrung gut kaut. Im Magen angelangt, wird der Bissen durch die rhythmischen Bewegungen und die Magensäfte weiter zerkleinert und es entsteht ein feiner Brei.

Nahrungsbestandteile aufspalten

Der Nahrungsbrei wird nun portionenweise an den Zwölffingerdarm abgegeben, wo die eigentliche Aufspaltung der Nahrungsbestandteile in ihre kleinsten Bausteine erfolgt. Dazu geben die Gallenblase und die Bauchspeicheldrüse Verdauungssekrete ab. Die enthaltenen Enzyme zerlegen das Fett aus Käse, Butter und Vollkornbrot in Fettsäuren (Lipasen) und das Eiweiss aus dem Käse in Aminosäuren (Proteasen). Die Kohlenhydrate aus dem Brot werden in Einfachzucker (Glukose) aufgespalten (Amylasen). Bestimmte Kohlenhydrate aus der Gurke und dem Vollkornbrot können nicht zerlegt werden. Diese unverdaulichen Bestandteile nennt man Ballaststoffe. Sie sind durchaus nützlich. Im Darm quellen sie auf und regen die Darmtätigkeit an.

Aufnahme von Nährstoffen 

Die Glukose, Fettsäuren und Aminosäuren werden an das Blut abgegeben und im Körper verteilt. Fettsäuren dienen neben ihrer Funktion als Energieträger auch dem Aufbau von Körperstrukturen wie Zellmembranen, während Aminosäuren, die Bausteine für Proteine, für den Aufbau und die Funktion der Zellen (z. B. Muskeln und Darmschleimhaut) sowie der Bildung von Enzymen, Hormonen und Antikörpern gebraucht werden. Die Glukose steht dem Körper als leicht verfügbare Energie im Blut zur Verfügung. Überschüssige Glukose wird in Form von Glykogen in der Leber und in den Muskeln gespeichert.

Nicht verwertbare Inhalte

Auch die mit der Nahrung aufgenommenen Vitamine werden über den Blutkreislauf aufgenommen. Fettlösliche Vitamine werden in der Leber gespeichert, wasserlösliche werden je nach Bedarf direkt im Körper aufgenommen oder mit dem Urin wieder ausgeschieden. Der restliche Brei wird an den Dickdarm weitergegeben, wo ihm Wasser entzogen wird. Die nicht verwert-baren Nahrungsinhalte werden dann über den Enddarm mit dem Stuhl ausgeschieden.

Sibylle Renggli
In Stresssituationen wird mehr Magensäure produziert. Das kann zu Sodbrennen führen.

Sibylle Renggli

Apothekerin und Co-Betriebsleiterin

Welcher Lebensstil bzw. welche Lebensmittel sind für den Magen schädlich?

Anhaltender Stress kann dem Magen schaden. Oft konsumiert man in Stresssituationen auch noch mehr von dem, was dem Magen nicht guttut. Man isst zu schnell oder zu viel. Zu fettige Speisen, zu scharfe Gewürze, ein Übermass an Alkohol und Kaffee, aber auch Nikotin können Beschwerden wie Völlegefühl, Sodbrennen oder Blähungen verursachen.

Welchen Einfluss hat unsere Psyche auf den Magen?

Der Magen ist mit vielen Nerven ausgestattet. Wenn man gestresst oder psychischen Belastungen ausgesetzt ist, wird der Sympathikus aktiv, der ein Teil des vegetativen Nervensystems ist. Die Magenmotorik wird gehemmt und das Essen liegt uns auf. In Stresssituationen wird auch mehr Magensäure produziert. Das kann zu Sodbrennen führen.

Welche Hausmittel empfehlen Sie bei Magenschmerzen, und wann lohnt sich eine ärztliche Kontrolle?

Wenn man leichte Krämpfe hat, eignen sich Kamillentee, Pfefferminztee oder das Auflegen einer Wärmflasche. Bei Blähungen bieten sich Fenchel-, Anis- oder Kümmeltee an. Melissentee wirkt entspannend bei nervösen Magen-Darm-Beschwerden. Sobald die Schmerzen über mehrere Tage anhalten, sehr stark sind oder andauernde Übelkeit oder Erbrechen vorhanden sind, sollte man das ärztlich abklären.